Vogelgrippe Mediziner rätseln über aggressives H7N9-Virus

Die Vogelgrippe H7N9 hat erneut Menschenleben gefordert: Die Zahl der Todesopfer ist auf 20 gestiegen, mehr als 100 Patienten haben sich angesteckt. Mediziner rätseln, warum das Virus beim Menschen heftigere Symptome auslöst als bei Tieren.
Behandlung eines H7N9-Patienten (in Kaifeng, 16. April): Zahl der Toten auf 20 gestiegen

Behandlung eines H7N9-Patienten (in Kaifeng, 16. April): Zahl der Toten auf 20 gestiegen

Foto: STR/ AFP

Peking - Die neue Vogelgrippe H7N9 hat weitere Menschen in China getötet. Inzwischen liegt ihre Zahl bei 20, wie die Nachrichtenagentur Xinhua am Montag berichtete. Insgesamt haben sich demnach 102 Patienten mit dem Erreger infiziert. Zwölf von ihnen konnten sich jedoch auch wieder von der Infektion erholen und wurden aus dem Krankenhaus entlassen.

Ende März hatten chinesische Behörden erstmals von Infektionen mit dem neuen Stamm der Vogelgrippe berichtet. Eine Expertengruppe der Weltgesundheitsorganisation WHO ist derzeit in China unterwegs, um bei den Untersuchungen zu H7N9 zu helfen. Die Gruppe der H7-Viren befällt normalerweise Vögel.

Ende vergangene Wiche hatte die WHO eine Übertragung der H7N9-Erreger von Mensch zu Mensch in "seltenen Fällen" vermutet. Bislang seien drei Gruppen von Menschen bekannt, in denen sich das Virus aller Wahrscheinlichkeit nach zwischen engen Familienangehörigen verbreitet habe, sagte WHO-Vertreter Michael O'Leary. "Bislang ist es aber ein Tiervirus, das in wenigen Fällen auf Menschen überspringt."

Schwere Symptome beim Menschen, milde bei Tieren

Thomas Mettenleiter, Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) auf der Insel Riem, hält allerdings eine Ausbreitung der Seuche auf andere Länder für möglich. H7N9 könne sich als Influenzavirus wahrscheinlich ebenso wie H5N1 in Vogelpopulationen etablieren. "Ein Gefährdungspotential ist also grundsätzlich gegeben", so Mettenleiter. "H7N9 ist nicht nur in und um Shanghai, sondern auch in anderen chinesischen Provinzen aufgetaucht und scheint damit weiter verbreitet zu sein." Bisher sei allerdings unklar, ob das Virus auch schon andere Länder erreicht habe. "Für Deutschland sehe ich aber keine spezielle Gefahr im Vergleich zu anderen Ländern."

Ob H7N9 für den Menschen gefährlicher ist als das H5N1-Virus, das 2005 und 2006 Angst vor einer Pandemie auslöste, lässt sich laut Mettenleiter schwer beurteilen. "Aber wir beobachten, dass sich in relativ kurzer Zeit eine Anzahl von Personen mit H7N9 infiziert hat. H5N1 hat dafür wesentlich länger gebraucht." Zudem sei H5N1 für Geflügel hochansteckend und extrem tödlich, H7N9 dagegen nicht. Dennoch löse der Erreger beim Menschen schwere Krankheitssymptome aus. "Das ist in der Tat eine neue Situation", so Mettenleiter.

Über die Infektionsquelle lasse sich bisher nur wenig sagen. "Der Erreger ist bislang in Hühnern und Tauben nachgewiesen worden. Ob es weitere Reservoire gibt, ist unbekannt", so der FLI-Chef. "Wir können weder sagen, wie weit der Erreger verbreitet ist, noch wie viele Tiere infiziert sind. Das ist eine Situation, die sich sehr schwer einschätzen lässt."

mbe/dpa
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