Wahrnehmung Wie das Hirn Stimmen und Gesichter verknüpft

MRT-Bild des Gehirns: Areale für Gesichter- und Stimmenerkennung sind verknüpft
Foto: MATTHIAS RIETSCHEL/ ASSOCIATED PRESSJeder kennt dieses Phänomen: Selbst wenn wir einen Menschen jahrelang nicht gehört und gesehen haben, können wir ihn am Telefon oder in einer Menschenmenge wiedererkennen - und das oft schon in Sekundenbruchteilen.
Wie das Gehirn das schafft, hat jetzt ein Team um Katharina von Kriegstein vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig untersucht. Die Wissenschaftler haben mit Hilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) die Durchblutung des Gehirns gemessen und so die Aktivität der Nervenzellen im Schläfenlappen sichtbar gemacht. Sie wollten herausfinden, wo Neuronen aktiv werden, wenn Augen und Ohren andere Menschen wahrnehmen - und vor allem: wie die Hirnregionen dabei zusammenarbeiten.
Das Ergebnis: Das Gehirn ist beim Erkennen von Stimmen und Gesichtern ein echter Teamplayer. Die Regionen für Stimmen- und Gesichtserkennung sind zwar weit voneinander entfernt, arbeiten aber deutlich enger zusammen als bisher gedacht, schreiben Kriegstein und ihre Kollegen im Fachblatt "Journal of Neuroscience" . Die Forscher haben nach eigenen Angaben Nervenbahnen entdeckt, die beide Hirnareale direkt miteinander verbinden. Die neuronale Brücke helfe, bekannte Stimmen und Gesichter schnell und zuverlässig einander zuzuordnen.
Brücke im Hirn
Die Neurowissenschaftler ermittelten zunächst die für das Erkennen von Stimmen und Gesichtern zuständigen Hirnareale. Dann verfolgten sie auf den MRT-Bildern den Verlauf der Nervenverbindungen zwischen den Gebieten. Dabei wurde klar, dass die Aufgabenfelder für Stimmen- und Gesichtserkennung miteinander verbunden sind, sagt Helen Blank, Mitarbeiterin der Forschungsgruppe. Diese Direktverbindung biete die nötige Hardware, damit schon beim bloßen Hören einer bekannten Stimme Gebiete des Gehirns aktiviert werden können, die eigentlich nur für das Erkennen von Gesichtern zuständig sind.
Dass es diese Verbindung geben könnte, wird schon seit einigen Jahren vermutet. Doch einen anatomischen Beleg konnten erst die Ergebnisse der aktuellen Studie liefern, so Blank.
Noch sei allerdings offen, welche Informationen genau über die Brücke zwischen den Hirnarealen ausgetauscht würden. Blank will das nun in einer weiteren Studie klären. Sie sieht in den bisherigen Erkenntnissen schon jetzt einen wichtigen Ansatz für die Hirnforschung: "Vor allem für die Erforschung neurologischer Besonderheiten ist unser Ergebnis interessant", so Blank. Als Beispiele nannte sie Erkrankungen wie Prosopagnosie und Phonagnosie, bei denen die Betroffenen andere Personen nicht an deren Gesichtern oder Stimmen erkennen können.