Analyse Müde Mutanten?
Anfang dieser Woche erklärte US-Präsident Joe Biden die Coronapandemie für beendet. Selbst bei den vorsichtigen Deutschen macht sich inzwischen der Eindruck breit, dass Sars-Cov-2 allmählich seinen Schrecken verliert. Nachdem die vergangenen zwei Jahre immer neue Varianten in immer schnellerer Folge über die Menschheit kamen, scheint das Virus derzeit eher vor sich hinzudümpeln. Lediglich eine Reihe neuer Unter-Varianten, deren Mutationen sich ähneln, taucht in einigen Ländern auf. Gehen dem Coronavirus allmählich die Ideen aus?

Vom Wohnzimmer in den Krieg
Russlands Machthaber Wladimir Putin steht politisch und militärisch unter massivem Druck, nun schickt er Hunderttausende Reservisten in den Kampf gegen die Ukraine. Die meisten sind darauf nicht vorbereitet. Der Krieg dringt in die Mitte der russischen Gesellschaft vor – mit großen Risiken für Putin.
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Ganz so einfach ist es nicht. Noch gäbe es keinen Grund zur Entwarnung, sagen Virologen: Einige dieser Subvarianten haben es in sich. Vor allem die Mutante BA.2.75.2, hat jetzt unter anderem eine Studie aus Schweden ergeben, vermag der bislang durch Impfung und Infektionen erworbenen Immunität weitgehend auszuweichen. Auch die Antikörperkombination Evusheld, die beispielsweise immungeschwächte Krebspatienten bislang vor Sars-CoV-2 schützen konnte, ist gegen BA.2.75.2 offenbar nahezu wirkungslos. Noch breitet sich diese Subvariante zwar vor allem in Indien und in den USA aus. In Deutschland gibt es bislang nur einige wenige Fälle. Doch selbst wenn BA.2.75.2 sich hierzulande nicht durchsetzen sollte, gibt es andere Unter-Varianten, die der durch Impfung oder Infektion erworbenen Immunität ebenfalls ausweichen und im kommenden Winter die Zahl der Kranken wieder in die Höhe treiben könnten.
Experimente chinesischer Forscher haben ergeben, dass solche sogenannten Immunflucht-Varianten relativ einfach entstehen können. Einige Forscher befürchten, dass es möglicherweise noch mehrere Jahre dauern könnte, bis sich eine Art Gleichgewicht zwischen menschlicher Immunität und Virusmutationen eingestellt hat. Erst dann ist es gerechtfertigt, von Endemie, dem wahren Ende der Pandemie zu sprechen. Jetzt, mahnen Wissenschaftler, müssten deshalb dringend weitere Impfstoffe und Antikörper entwickelt werden, die breitflächig gegen unterschiedliche Varianten und Sub-Varianten wirken.