Globale Studie Wie schlechte Gesundheit das Leben verkürzt - und das Corona-Risiko steigert

Bluthochdruck ist ein wichtiger Risikofaktor für Herzleiden
Foto: Bernd Weissbrod/ dpaDie Corona-Pandemie trifft auf eine Weltbevölkerung, deren Gesundheit zum Teil schon durch andere Faktoren gefährdet ist - besonders durch Übergewicht, einen zu hohen Blutzuckerwert, durch mangelnde Bewegung. Und durch Feinstaub in der Luft und die damit einher gehenden Krankheiten. Diese Faktoren bedrohten zudem die gesundheitlichen Fortschritte der vergangenen Jahrzehnte, heißt es in der jüngsten Ausgabe einer jährlichen, großen Studien-Serie. Die "Global Burden of Disease"-Study wurde in der Fachzeitschrift "The Lancet" veröffentlicht .
Die Forscherinnen und Forscher analysierten 286 Todesursachen, 369 Krankheiten und Verletzungen sowie 87 Risikofaktoren in 204 Ländern und Regionen. Das Ergebnis umfasst mehrere Tausend Seiten und zeigt, auf welchen grundlegenden Gesundheitszustand die Covid-19-Pandemie weltweit traf.
Das Zusammenspiel von Covid-19 und dem kontinuierlichen Anstieg von chronischen Erkrankungen und gesundheitlichen Risikofaktoren habe die Zahl der Todesfälle infolge der Pandemie erhöht, so die Forscher. Insgesamt mache ihre Untersuchung deutlich, dass rund um den Globus zu wenig getan werde, um gesündere Verhaltensweisen zu fördern.
"Viele dieser Risikofaktoren sind vermeidbar und behandelbar, und ihre Bekämpfung wird enorme soziale und wirtschaftliche Vorteile bringen", kommentiert Studienleiter Christopher Murray von der University of Washington in Seattle.
Regional betrachtet würden gesundheitliche Verbesserungen in Ländern mit hohem Einkommen stagnieren, in manchen - wie in den USA - sogar zurückgehen. Gleichzeitig hätten Länder mit niedrigem oder mittlerem Einkommen in den vergangenen Jahren zwar beeindruckende Schritte in Richtung einer besseren Gesundheit gemacht, seien jedoch nur schlecht auf die wachsende Belastung durch nichtübertragbare Krankheiten vorbereitet.
Für Deutschland stellt die Studie folgende zentrale Ergebnisse fest:
Lebenserwartung: Insgesamt gehörte Deutschland 2019 weltweit immer noch zu den Ländern mit der höchsten Lebenserwartung (Frauen 83,5 Jahre, Männer 78,9 Jahre). Allerdings liegt diese für Männer, die 2019 hierzulande geboren wurden, um 0,3 Jahre niedriger, als es der soziodemografische Index, der sich etwa aus Einkommen und Schuljahren ergibt, erwarten ließe.
Wie in anderen Ländern Europas hat die Zahl der Jahre gesunder Lebenserwartung - also der Jahre, die jemand erwarten kann, in Gesundheit zu leben - in Deutschland in den vergangenen 30 Jahren zwar kontinuierlich zugenommen, aber nicht im gleichen Maße wie die Lebenserwartung insgesamt. In Deutschland liegt die gesunde Lebenserwartung laut Studie bei 69,5 Jahren.
Nicht übertragbare Krankheiten: Diese sind heute für mehr als 80 Prozent aller vorzeitigen Todesfälle und in Krankheit verbrachten Lebensjahre in Europa verantwortlich. Für Deutschland beschreiben die Autoren der Studie als fünf Haupttodesursachen durch nicht übertragbare Krankheiten im Jahr 2019:
koronare Herzkrankheiten (184.000 Todesfälle),
Schlaganfälle (71.700 Todesfälle),
Lungenkrebs (54.000 Todesfälle),
Alzheimer und andere Demenzerkrankungen (49.600 Todesfälle)
chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD, 39.900 Todesfälle).
Risikofaktoren: Die zentralen Risikofaktoren für vorzeitige Todesfälle und schlechte Gesundheitszustände waren in Deutschland 2019 Tabakkonsum, Bluthochdruck, hoher Blutzucker, ein hoher Body-Mass-Index (BMI) und eine ungünstige Ernährung.
Soziale Ungleichheiten bekämpfen
Zusammengefasst zeige die Studie, so die Autorinnen und Autoren, dass sich die Welt mit Blick auf die bis dahin stetig steigende Lebenserwartung an einem Wendepunkt befinden könnte. Sie empfehlen aktuell, dringend Maßnahmen zur Bekämpfung des globalen Zusammenspiels aus chronischen Krankheiten, sozialen Ungleichheiten und Covid-19 zu ergreifen. Das könne Länder widerstandsfähiger gegen künftige Pandemiegefahren machen.
Nicht übertragbare Krankheiten hätten eine entscheidende Rolle dabei gespielt, dass es bisher mehr als eine Million durch Covid-19 ausgelöste Todesfälle gebe, sagte Richard Horton, Chefredakteur von "The Lancet". Sie prägten auch nach Abklingen der Pandemie die Gesundheit in jedem Land weiterhin. "Da wir uns mit der Frage befassen, wie wir unsere Gesundheitssysteme nach Covid-19 regenerieren können, bietet diese Studie zur globalen Krankheitslast ein Mittel, um gezielt dort anzusetzen, wo der Bedarf am größten ist, und zeigt, wie dieser sich von Land zu Land unterscheidet."