Ausgegraben - Neues aus der Archäologie Das blühende Reich im Schatten Ägyptens

Bewässerungstechnologie: Besser als die alten Ägypter
Was konnten die Menschen im Königreich Kerma, das die Ägypter nicht konnten? Kanäle bauen. Zu diesem Schluß kamen Geomorphologen von den Universitäten Aberystwyth, Manchester und Adelaide bei jüngsten Untersuchungen im heutigen Nordsudan. In der Bronzezeit war Kerma ein mächtiges Reich, das die große Dürre vor etwa 4200 Jahren weitaus besser meisterte als das alte Ägypten.
Während nilabwärts die Ägypter rund 30 trockene Jahre lang mit Missernten und dadurch bedingten sozialen Unruhen kämpften, überstand Kerma die Dürre relativ unbeschadet. In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Geology" berichten die Forscher von ihren Untersuchungsergebnissen.
Das Siedlungsgebiet der Kerma lag oberhalb des zweiten Nilkatarakts. Sie legten ein Kanalsystem an, mit dem sie das Hinterland ausreichend bewässern konnten. "Hier waren die Fluten gerade hoch genug, um die Landwirtschaft zu ermöglichen, aber nicht so hoch, als dass sie die Siedlungen an den Ufern beschädigt hätten", erklärt Jamie Woodward von der University of Manchester. "Es ist erstaunlich, dass die Kerma-Kultur blühen konnte und bemerkenswertes Handwerk und Reichtum produzierte, während im Norden die ägyptischen Rivalen mit umwelttechnischen, sozialen und politischen Problemen kämpften."
Die Wissenschaftler sammelten ihre Daten in tiefen Bewässerungsschächten, die von modernen sudanesischen Bauern gegraben wurden. Ein weiterer Vorteil der Kerma war, dass sie verstärkt Viehwirtschaft betrieben. "Damit waren sie weniger auf den Nilstand angewiesen, mobiler und konnten besser auf Veränderungen der Umwelt reagieren", erklärt Woodward.
Steinzeitdünger aus Skandinavien
Steinzeitdünger aus Skandinavien

Bereits vor 5000 Jahren verteilten die ersten Bauern Skandinaviens Dünger auf ihren Feldern, um den Ertrag zu steigern. Zu diesem Ergebnis kamen Archäologen der Universität Göteborg bei einer Ausgrabung in Karleby nahe der Stadt Falköping. Zunächst suchten die beiden Ausgräber Tony Axelsson und Karl-Göran Sjögren nach Makrofossilien - sichtbaren Pflanzenresten - in der neolithischen Siedlung. Sie fanden sowohl Gerste als auch Weizen.
Beide Getreidearten wiesen einen ungewöhnlich hohen Anteil des Stickstoff-Isotops N15 auf. Diesen hohen N15 Gehalt interpretierten die Forscher als Spuren der Düngung. "Wir können viel über Ackerbau in der Steinzeit lernen", erklärt Axelsson in einer Mitteilung der Universität Göteborg, "und auch welche Rolle der Ackerbau im Verhältnis zur Viehzucht spielte."
Dafür inspizierten sie die Tierknochen im Siedlungsabfall: "Durch die Untersuchung der Isotopen in den Knochen können wir beispielsweise herausfinden, wo die Tiere aufgezogen wurden, was uns wiederum etwas über ihre Rolle im Handel jener Zeit verrät," ergänzt Sjögren.
Das Geheimnis um Skelett 180
Das Geheimnis um Skelett 180
Skelett 180 hatte keinen angenehmen Tod. Jemand skalpierte ihn - und offenbar war die Klinge so scharf, dass sie auch den oberen Teil des Schädels abtrennte. Auch vorher muss der Mann bereits große Schmerzen gelitten haben, denn seine Zähne waren so verrottet, dass sie ihn wahrscheinlich ständig quälten. Dieser Zustand war allerdings nichts Besonderes: Der Zahnverfall ist wohl eine Folge des mittelalterlichen Brotes.
Es war so voller harter Bestandteile, dass es die Zähne beim Kauen stark abnutzte. Archäologen von der University of York haben Skelett 180 vor einigen Jahren unter den Ruinen einer Schule im südenglischen Lewes gefunden. Neue Untersuchungen bringen jetzt mehr und mehr Details aus seinem Leben ans Licht.
Der Mann war zum Zeitpunkt seines Todes etwa 35 bis 40 Jahre alt. "Ein kräftiger Kerl in der Blüte seiner Jahre", beschreibt Ausgräberin Edwina Livesey von der Sussex Archaeological Society den Toten. Wahrscheinlich starb er im Jahr 1264 in der Schlacht von Lewes, als die Soldaten des Königs Heinrich III gegen die Rebellen des Barons Simon de Montfort kämpften.
"Die Frage ist nur: Warum liegt er hier?" sagt Livesey. "Alle anderen Opfer jener Schlacht wurden einfach nur in Gruben geworfen." An der Stelle lag früher das Hospital St. Nicholas, das im Mittelalter von den Mönchen des Klosters von Lewes betrieben wurde. Möglicherweise überlebte der Krieger die Schlacht noch um einige Stunden und verstarb erst in diesem Hospital. Viele der anderen Skelette des kleinen Friedhofes zeigen Anzeichen von Lepra und anderen Krankheiten, Skelett 180 ist das einzige Individuum, das eindeutig an den Folgen von Gewalt starb.
Festung des Widerstands entdeckt
Festung des Widerstands entdeckt
Von 1775 bis 1783 kämpften die 13 nordamerikanischen Kolonien um ihre Unabhängigkeit von der englischen Krone. Eine Zelle des Widerstandes gegen die britischen Loyalisten lag in Georgia. Hier hatte der Captain der Georgia Patriot Militia rund einhundert Soldaten in seinem Haus untergebracht. Am 10. Februar 1779 gelang es etwa 80 Loyalisten, Carr's Fort einzunehmen - doch nicht für lange.
Rund 200 Rebellen waren ihnen dicht auf den Fersen und verwickelten die Englandtreuen in eine heftige Schlacht - die am Ende niemand gewann. Die Rebellen gaben die Belagerung auf, raubten den Loyalisten jedoch ihre Pferde. Nach monatelanger Suche haben nun Archäologen des Lamar Institute Carr's Fort gefunden.
An einem der Arme des Beaverdam Creek fanden sie Musketenkugeln sowie mehrere hundert Artefakte aus Eisen und Messing aus dem 18. Jahrhundert. "Die Suche nach Carr's Fort war wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen - nur schwieriger", berichtet Daniel Elliott, Präsident des Institus in einer Presseerklärung.
Es gab keine zeitgenössischen Karten der Gegend und nur vage Hinweise auf die Lage des Anwesens aus alten Dokumenten. Schließlich fanden die Ausgräber erste Spuren am am Ende des letzten Tages der finanzierten Kampagne. Die folgenden Tage hängten alle noch freiwillig ohne Bezahlung dran, um die Stätte genauer untersuchen zu können. Auch wenn sein Anwesen die Belagerung überstand, hatte Captain Carr nach der Schlacht nicht mehr lange zu leben. Nur wenige Wochen später wurde er in seinem Haus von einer Gruppe englandtreuer Indianer ermordet.
Der lederne Streitwagen
Der lederne Streitwagen
Für große archäologische Entdeckungen muss man nicht immer im Staub wühlen. Salima Ikram von der American University und Andre Veldmeijer vom Flämischen Institut in Kairo haben im Magazin des Ägyptischen Museums einen aufregenden Fund gemacht. Sie stießen auf rund 300 Lederfragmente - die Überreste eines ledernen Streitwagens aus dem Alten Reich.
Auf die Spur des Wagens kamen sie durch ein altes Schwarzweißfoto aus den fünfziger Jahren. Darauf waren die Riemen eines Pferdezaumzeugs zu sehen, das angeblich intakt im Ägyptischen Museum liegen sollte. Mit Hilfe der Kuratoren fanden sie die entsprechende Kiste in den Regalen - mit den Überresten des lederbespannten Wagens und des Pfeilköchers. Dann begann das große Puzzle: Das Leder konnten die Forscher zunächst nach Farbe und Dicke in zwei Gruppen unterteilen. Schlaufen und Riemen halfen dabei, nach und nach den kompletten Wagen und den Köcher zu rekonstruieren.
Glücklicherweise ist das Leder in bemerkenswert gutem Zustand - wahrscheinlich durch die jahrhundertelange Lagerung in einer gut klimatisierten Grabkammer. Lederstreitwagen sind zwar aus der ägyptischen Kunst gut bekannt, aber nur selten ist außer dem Holzrahmen noch die Bespannung erhalten. Weltweit gibt es lediglich zwei Exemplare mit teilweise erhaltener Bespannung, eines in Florenz und ein weiteres im Ägyptischen Museum.
Industriepark der Römer im Alten Ägypten
Industriepark der Römer im Alten Ägypten
Wie lebten römische Soldaten im besetzen Ägypten? Detaillierte Informationen zu ihrer Stationierung im Land am Nil fanden Archäologen bei Ausgrabungen in Tel Abuo-Seyfi, dem römischen Sila, östlich des Suezkanals und südlich von Qantara East. Auf einem Kalksteinblock hatte jemand die Militärgeschichte des römischen Ägyptens aufgeschrieben.
Auch die Verteilung der römischen Soldaten innerhalb des Lagers war dort vermerkt. In Sila, das um das Jahr 200 n. Chr. von dem römischen Kaiser Maximinus Thrax gegründet wurde, lebten neben den Soldaten auch viele Handwerker. Vergangene Woche gab Antikenminister Mohammed Ibrahim einige der jüngsten Funde bekannt.
In einer Art Industriepark lagen hier in unmittelbarer Nachbarschaft mehrere Werkstätten für Statuen aus Ton und Bronze, für Geschirr, Töpfe, Pfannen und auch Administrationsgebäude sowie kleine Läden. Auch Wohnhäuser der Arbeiter gehörten zu dem Komplex. Amphoren von der Insel Rhodos zeugen von weitreichenden Handelsverbindungen Silas zu anderen Teilen des römischen Reiches.
Das Handwerkerviertel und Soldatenlager waren allerdings Zufallsfunde. Eigentlich waren die Ausgräber auf der Suche nach der alten Horus-Militärstraße gewesen, auf der Pharao Ahmose (um 1560 v. Chr. bis 1525 v. Chr.) die Hyksos aus seinem Reich vertrieb.