Archäologie Turm von Babel erstmals rekonstruiert

Seit der Entdeckung des Turmes von Babel vor knapp 100 Jahren im Irak rätselten Archäologen, wie das sagenhafte Bauwerk ausgesehen hat. Österreichische Forscher haben nach zwanzigjähriger Arbeit nun einen Bauplan des Turms vorgelegt.

Ausgangspunkt war der deutlich besser erhaltene "Schwesterturm" im Ort Borsippa, der rund 15 Kilometer südwestlich der alten Hauptstadt Babylon liegt, berichtete Helga Trenkwalder, Chefin des Universitätsinstituts für Sprachen und Kulturen des Alten Orients in Innsbruck. Sie leitet die Grabungskampagne, die 1980 rund 120 Kilometer südlich von Bagdad begann.

"Der Turm von Borsippa ragt immerhin noch 50 Meter in den Himmel. Der Turm von Babel ist nur noch ein Quadrat aus Lehm und rundherum Wasser", sagte die Wissenschaftlerin. Beide Tempeltürme seien vom babylonischen Herrscher Nebukadnezar II. in der Mitte des ersten Jahrtausends vor Christus nach dem gleichen architektonischen Konzept erbaut worden.

Nach den Erkenntnissen der Österreicher hatte der Turm von Babel demnach eine Grundfläche von 90 mal 90 Metern und war 77 Meter hoch. Der innere Kern bestand auf einer Fläche von 60 mal 60 Metern vollständig aus nicht gebrannten Ziegeln. Ihn umhüllte ein Mantel aus gemauerten Ziegeln, die besser den großen Witterungsschwankungen trotzen konnten.

Abwasser- und Lüftungsschächte sowie ein ausgeklügeltes System aus Holzbalken sollten dem Sakralbau ein langes Leben bescheren. Das Monumentalbauwerk von Babel verjüngte sich nach oben und schloss mit dem Tempel an der Spitze ab. Er war dem babylonischen Hauptgott Marduk geweiht. Den beiden Prachtbauten in Babel und Borsippa war jedoch kein ruhmreiches Überleben vergönnt. Alexander der Große ließ den Turm in Babel zunächst abtragen, um ihn dann in neuer Pracht wieder aufzubauen. Dazu kam es jedoch nicht. In den folgenden Jahrhunderten dienten beide Türme dann den Dorfbewohnern der Umgegend als Ziegelvorrat, aus dem sie ihre Häuser errichteten.

Um den Standort des Turms von Babel hatte es trotz relativ fest gefügter wissenschaftlicher Auffassungen immer wieder Streit gegeben. So hatte im vergangenen Jahr ein britisches Forscherteam unter der Leitung von Michael Sanders postuliert, dass sich das Bauwerk im Osten der Türkei befand. Sanders hatte nach eigenen Angaben Satellitendaten und historische Schriften ausgewertet.

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