Grenzziehung in der Arktis Kanada und Dänemark einigen sich - fast

Jahrzehntelang war nicht klar, wo im Arktischen Ozean nördlich von Grönland und Kanada die Grenze verläuft. Streit gab es um ein Felsstück. Nun ist die Sache diplomatisch gelöst - doch offene Fragen bleiben.

Berlin - Rohstoffsucher interessieren sich für die Arktis - weil deren Eisdecke im Sommer immer kleiner wird. Doch in einigen Teilen der Region gibt es bis heute ungeklärte Grenzen zwischen den Anrainerländern. Dazu kommen mögliche Überschneidungen, wenn die Staaten auf Basis der Uno-Seerechtskonvention Gebiete beanspruchen, die bisher zum gemeinsamen Erbe der Menschheit gehörten.

Kanada und Dänemark, das Grönland außenpolitisch vertritt, senden nun ein Zeichen der Entspannung. Beide Länder haben sich nach Gesprächen in Ottawa auf einen Vertragsentwurf geeinigt, wie sie die Grenzen in der Lincolnsee ziehen wollen. Dieses Meeresgebiet liegt nördlich vom kanadischen Arktisarchipel und Grönland - und ist oft ganzjährig mit dickem Eis bedeckt. Beide Länder hatten sich seit den siebziger Jahren um die Grenzziehung gezankt.

Im Prinzip war klar, dass das sogenannte Äquidistanzprinzip angewendet werden soll. Das bedeutet, dass die Grenze immer im gleichen Abstand von beiden Ländern verläuft. Streit hatte sich jedoch an einem Felsstück entzündet, das nordwestlich von Grönland aus dem Wasser ragt. Dänemark wollte den Flecken als Insel zählen, Kanada war dagegen. Der Streit war aber eher akademische Natur - weil weder Kanadier noch Dänen in der frostigen Gegend sonderlich aktiv waren.

Weiterer Streit um Hans-Insel

Doch seitdem hatte das Interesse für die Arktis stark zugenommen - und die Sorge, ob sich an den alten Streitigkeiten womöglich Konflikte entzünden könnten. "Der heutige Vertragsentwurf senkt die Unsicherheit und stärkt Kanadas Souveränität in der Arktis", sag nun der kanadische Außenminister John Baird. Dänemarks Außenminister Villy Søvndal spricht von einem "wichtigen Schritt nach vorn".

Letzten Endes wandten beide Staaten einen diplomatischen Kniff an, wie SPIEGEL ONLINE aus dem dänischen Außenministerium erfuhr: Die Frage, ob es sich um eine Insel handelt oder nicht, wurde schlicht nicht geklärt. Stattdessen wurden einfach die Grenzpunkte festgelegt. Aus deren Lage könne man auch nicht darauf schließen, welche Sichtweise nun die richtige gewesen sei, heißt es aus Kopenhagen.

In der Gegend um den Nordpol könnten sich aber nach wie vor Probleme zwischen beiden Ländern ergeben. Der aktuelle Vertragsentwurf umfasst nur Gebiete, die nicht weiter als 200 Seemeilen von der Nordküste beider Länder entfernt sind. Bei der Uno wollen die Staaten aber auch weiter draußen liegende Areale beanspruchen. Dazu gab es bereits mehrere Vermessungsexpeditionen, zuletzt im Sommer die dänische Kampagne "Lomrog III". Im Prinzip geht es um den Nachweis, dass sich die Landmasse eines Staates auch unter Wasser fortsetzt. Dabei sind Überschneidungen zwischen Kanada und Dänemark, aber auch Russland möglich.

Ein weiterer Streitpunkt bleibt ebenfalls bestehen: Die neue Regelung erstreckt sich nicht auf die deutlich weiter im Süden gelegene Hans-Insel. Das gut einen Quadratkilometer große Eiland wird ebenfalls von beiden Staaten beansprucht. Dadurch ergibt sich eine Lücke in der ansonsten in diesem Bereich definierten Grenzlinie. Zwar haben sich beide Staaten bei Gesprächen im Frühjahr wohl geeinigt, die Insel einfach in der Mitte zu teilen, formalisiert ist das aber noch nicht.

chs
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten