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Historische Ringkämpfe: Geld für den Sieg

Foto: Egypt Exploration Society /ees.ac.uk

Bestechung in der Antike 3800 Drachmen für den Sieg

Aus Ägypten stammt der erste direkte Nachweis eines manipulierten Wettkampfes. Ein ehrgeiziger Vater sicherte seinem Sohn den Sieg bei den heiligen Spielen von Antinoupolis.

Als der Knabe Nicantinous am 24. Februar 267 nach Christus aufwacht, weiß er, dass dies sein großer Tag ist - denn er wird das Finale im Ringkampf der 138. Großen Antinoeia gewinnen. Er wird seinen Gegner Demetrius besiegen, drei mal wird es ihm gelingen, ihn in den Sand der großen Arena der Stadt Antinoupolis am Nil zu werfen. Dessen kann sich Nicantinous ganz sicher sein - denn dafür hat sein Vater Aurelius Aquila gesorgt. Aquila hat mit beiden Trainern einen Vertrag aufgesetzt. Mindestens 3800 Drachmen ist es dem Vater wert, dass sein Sohn heute als Sieger die Arena verlassen wird. So viel zahlt er dem anderen Knaben, damit dieser Nicantinous gewinnen lässt.

Den Vertrag, den Aurelius Aquila mit den beiden anderen Männern aufsetzte, fanden die Papyrologen Grenfell und Hunt 1903 auf einer Müllkippe am Ruinenfeld der antiken Stadt Oxyrhynchus, zusammen mit Hunderttausenden weiterer Papyri: Briefe, literarische Werke, Bibeltexte, Verträge, Listen. Der Althistoriker Dominic Rathbone vom King's College London hat den Vertrag über den manipulierten Ringkampf nun für die 79. Ausgabe der Oyxrhynchus Papyri neu entziffert, übersetzt und interpretiert.

"Die Großen Antinoeia waren jährliche Spiele, die Kaiser Hadrian im Jahr 130 nach Christus stiftete", erläutert Rathbone. In dem Jahr gründete der Kaiser die Stadt Antinoupolis zu Ehren seines jugendlichen Gespielen Antinous, der bei seiner Ägyptenreise im Nil ertrunken war. Die Antinoeia zählten zu den "heiligen" Spielen - wie diejenigen von Olympia oder Delphi. "Normalerweise gab es aber bei heiligen Spielen nur Wettkämpfe für Erwachsene", merkt Rathbone an. "Dass die Antinoeia auch Wettkämpfe für Epheben, also Jugendliche in der Ausbildung hatten, war eher ungewöhnlich. Es ist gut wahrscheinlich, dass Hadrian mit den Junioren-Wettkämpfen seinen Geliebten Antinous ehren wollte."

Prestigeträchtiger Sieg

Wieviele Zuschauer dem manipulierten Kampf zwischen Nicantinous und Demetrius zusahen, ist nicht bekannt. Das Theater der ebenfalls mittelägyptischen Stadt Oxyrhynchus fasste rund 11.200 Zuschauer, das von Antinoupolis wird eine ähnliche Kapazität gehabt haben. "Beliebter waren aber wahrscheinlich die Wettkämpfe der erwachsenen Athleten", sagt Rathbone. "Es gab vermutlich Wettrennen, Boxkämpfe und wohl auch Wettbewerbe für Dichter und Musiker."

Entsprechend prestigeträchtig war der Sieg. "3800 Drachmen scheint dafür ein eher niedriger Preis", schreibt Rathbone in seinem Aufsatz. So viel kostete im Jahr 276 gerade mal ein Esel. Dem Sieger dagegen winkte ein jährliche Pension aus der Stadtkasse. "In der Theorie bedeutete das, der Sieger durfte jeden Abend auf Kosten der Stadt zu Abend essen", erläutert der Althistoriker. "In der Praxis aber handelte es sich um eine monatliche Zahlung in Geld." In der Nachbarstadt Hermopolis Magna bekamen die Sieger der Spiele im selben Jahr 267 nach Christus immerhin eine monatliche Pension von 180 Drachmen zugesichert - allerdings verzögerten sich die Zahlungen oft um Monate, manchmal Jahre.

Sollte wider Erwarten Demetrius doch das Finale gewinnen, ist auch hierfür die zu zahlende Summe im Vertrag festgehalten. In dem Fall würde Nicantious 18.000 Drachmen Entschädigung erhalten. Das ist wiederum eine erstaunlich hohe Summe: "Üblicherweise kostet die Nicht-Einhaltung eines Vertrages das Doppelte oder auch nur das eineinhalbfache der vereinbarten Summe", schreibt Rathbone. Vielleicht, vermutet er, war das Bestechungsgeld für Demetrius doch höher - aber seine Trainer behielten gleich vorab ihren Anteil als Belohnung für die Einfädelung des Deals ein.

Bestechung als gängige Praxis

Wer waren diese Männer, die so dunkle Geschäfte mit den heiligen Spielen trieben? Von Aurelius Aquila ist nur bekannt, dass er selber aus Antinoupolis kam. Das gilt auch für Trainer Marcus Aurelius Lucammon. Bei dem zweiten Trainer, Gaius Julius (…), könnte es sich um den berühmten Athleten Gaius Julius Theon gehandelt haben - der stammt aus Oxyrhynchus. "Das machte allerdings keinen großen Unterschied", schreibt Rathbone, "weil in jenen Jahren viele Athleten in beiden Städten gleichzeitig aktiv waren."

Der Papyrus aus Oxyrhynchus ist der älteste bekannte Vertrag über die Zahlung von Bestechungsgeldern im Sport. Doch das muss in der Antike durchaus eine übliche Praxis gewesen sein. Der griechische Schriftsteller Pausanias (ca. 115 bis 180 nach Christus) berichtet von Bronzestatuen des Zeus in Olympia, die allein von Strafen bezahlt wurden, die Athleten dafür entrichten mussten, die Regeln der Spiele gebrochen zu haben. Eine davon trug angebliche eine Inschrift: Ein Olympischer Sieg, stand dort, solle nicht mit Geld gewonnen werden - sondern durch Schnelligkeit der Füße und Kraft des Körpers.

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