Ausgegraben - Neues aus der Archäologie Flipper, der Archäologen-Helfer

Archäologie-Assistenten: Delfine finden antiken Torpedo
Delfine können so einiges. Vor der kalifornischen Küste haben sie nun sogar einen antiken Torpedo entdeckt. In Point Loma werden 80 Delfine und 40 Seelöwen trainiert - eigentlich als Minensucher, Minenräumer und Beschützer von Kampfschwimmern. Letzten Monat nun zeigte ein Großer Tümmler namens Ten seinen Trainern an, dass er eine Mine gefunden habe - an einem Ort, wo sie definitiv keine Trainingsmine gelegt hatten. Sie dachten, Ten habe sich geirrt.
Doch eine Woche später meldete ein anderer Delfin namens Spetz an genau derselben Stelle erneut einen Fund. Die Trainer wurden neugierig, ließen Spetz den Fund markieren und schickten Taucher hinterher. Spetz führte sie zu einem Howell-Torpedo aus dem späten 19. Jahrhundert. Der Howell-Torpedo war der erste seiner Art, der auf ein Ziel zusteuern konnte, ohne an der Oberfläche sichtbare Wasserbewegungen zu erzeugen - damals ein großer Durchbruch in der Waffentechnik. Sein Körper war aus Messing, er hatte eine Reichweite von rund 365 Metern und konnte eine Geschwindigkeit von bis zu 25 Knoten erreichen - in einer Zeit, zu der die meisten US-amerikanischen Haushalte noch keinen Strom hatten.
Zwischen 1870 und 1889 wurden nur 50 Stück dieser wertvollen Munition hergestellt. Der Torpedo, den Ten und Spetz entdeckten, trägt die Seriennummer USN No. 24. Nur ein einziger weiterer erhaltener Howell-Torpedo ist bekannt, er liegt im Naval Undersea Museum in Keyport, Washington. "Delfine verfügen über das ausgeklügelste Sonarsystem, das wir kennen", erklärt Braden Duryee, Sprecher des Space and Naval Warfare Systems Center Pacific. Ob Ten und Spetz für ihren archäologischen Fund eine besondere Belohnung bekamen, ist nicht bekannt.
+++ Münzen könnten australische Geschichte umschreiben +++
Münzen könnten australische Geschichte umschreiben

Forscher Ian McIntosh: Wer löst das Rätsel der Münzen?
Wer entdeckte Australien? Und wurde es doch nicht erst im 17. Jahrhundert, sondern bereits im 14. Jahrhundert angesteuert? Anlass zu dieser Vermutung geben fünf Münzen, die der Soldat Maurie Isenberg bereits im Jahr 1944 beim Angeln am Strand der Wessel Islands vor der Nordküste Australiens gefunden hatte. Sie wurden lange vor dem Jahr 1606 geprägt, als der Holländer Willem Janszoon seinen Fuß auf dem neu entdeckten Kontinent an Land setzte - nämlich schon vor 700 bis 1100 Jahren.
Die Kupfermünzen stammen aus dem ehemaligen Sultanat Kilwa im heutigen Tansania. Kilwa war vom 13. bis zum 16. Jahrhundert eine blühende Hafenstadt. Ein Großteil des Indienhandels ging über den Hafen von Kilwa, von hier aus fuhren Schiffe in alle bekannt - und offenbar auch unbekannt - Welt. Die Bedeutung seines Fundes war Isenberg zunächst nicht klar geworden. Er steckte die Münzen in seine Hosentasche und vergaß sie für einige Zeit. Erst 1979 gab er sie an ein Museum. Doch auch dort versuchte niemand, ihr Geheimnis zu lösen. Erst jetzt plant der australische Archäologe Ian McIntosh von der US-amerikanischen Indiana University eine Expedition an den Fundort und hofft, das Mysterium der fünf Münzen klären zu können.
Sie könnten von Männern aus Kilwa stammen, die hier angelegt hatten, oder auch nach einem Schiffsbruch an Land gespült worden sein. Vielleicht gehörten sie aber auch zu einer modernen Sammlung antiker Münzen, denn Isenberg fand an der Stelle auch noch vier Münzen der Dutch East India Company, von denen eine erst aus dem Jahr 1690 stammt. Normalerweise kann ein Fund nicht älter sein als das jüngste Artefakt - was in diesem Fall die Münze von 1690 wäre. Zum Glück markierte Isenberg damals die Fundstelle auf einer alten Karte. Diese "Schatzkarte" soll im Juli McIntosh helfen, die richtige Stelle zum Graben zu finden.
+++ Neuer Platz für alte Hütte +++
Neuer Platz für alte Hütte
Der amerikanische Bürgerkrieg kam und ging. Die Sklaven erhielten ihre Freiheit. Das neue Jahrhundert begann, zwei Weltkriege rollten über die Menschheit hinweg. Und während all dies die Welt bewegte, lebten in den Sklavenhütten der Point of Pines Plantation auf Edisto Island in South Carolina weiterhin die Nachfahren jener Sklaven, die einst gezwungen wurden, auf den Feldern dort Baumwolle zu pflücken. Noch bis in die 1980er Jahre hinein waren einige der einfachen Holzhütten mit zwei Räumen bewohnt - ohne Strom.
Der 80-jährige Junior Meggett, der dort aufwuchs, erinnert sich: In kalten Winternächten schliefen alle Bewohner dicht um den Kamin gedrängt, im Sommer brannte auch das Feuer, um die unzähligen Mücken fern zu halten. Nachdem die letzten Bewohner ausgezogen waren, kam eine der Hütten aus Kiefernholzbrettern auf die Liste des National Register of Historic Places - und jetzt soll sie endgültig ihren Ehrenplatz in der amerikanischen Geschichte erhalten, sie zieht um in das neue National Museum of African-American History and Culture der Smithsonian Institution in Washington, D.C.
Beim Abbau für den Transport ins Museum haben die Restauratoren einiges an historischen Schätzen entdeckt. So sind zum Beispiel die Wände mit alten Zeitungen verklebt - als Isolierung. An den Fenstern und Türrahmen entdeckten sie noch Reste von hellblauer Farbe. Mit dieser, so glaubten die Sklaven aus der Karibik, ließen sich Dämonen fernhalten. Wie alt die Hütte genau ist, wissen die Forscher noch nicht. Eine Karte aus dem Jahr 1851 zeigt die Hütte aber bereits an ihrem Platz. Im Jahr 1854 lebten 75 Sklaven auf der Plantage.
+++ Oase Dachla: Im Sommer war Zeit für Nachwuchs+++
Oase Dachla: Im Sommer war Zeit für Nachwuchs

Ausgrabung in Ägypten: Im März und April kamen die meisten Kinder auf die Welt
Foto: DOP BioarchaeologyIn der ägyptischen Oase Dachla galt: Juli und August war die Zeit, um Babys zu machen. Dementsprechend lagen außergewöhnlich viele Geburten dort im März und April. Das fanden Archäologen heraus, als sie die Skelette von Föten und Neugeborenen untersuchten, die zwischen der 18 Schwangerschafts- und der siebenten Lebenswoche starben.
Die Säuglingssterblichkeit war offenbar hoch: von 765 Toten der antiken Stadt Kellis starben 124 um den Zeitpunkt der Geburt. In dem rund 1800 Jahre alten Friedhof sind die Knochen so gut erhalten, dass eine sehr genaue Altersbestimmung möglich ist. Und da die Skelette genau mit dem Kopf in Richtung der aufgehenden Sonne zum Todeszeitpunkt begraben liegen, lässt sich auch ihr Sterbemonat genau ermitteln. Zu dem Muster passt auch, dass im März und April ungewöhnlich viele Frauen im gebärfähigen Alter starben - wahrscheinlich bei Komplikationen während der Geburt.
Insgesamt, so rechneten die Forscher um Lana Williams von der University of Central Florida aus, lag die Geburtenrate im März und April rund zwanzig Prozent höher als im Jahresdurchschnitt. Im 2. und 3. Jahrhundert nach Christus waren die Menschen in der Oase bereits Christen, aber die alten ägyptischen Sitten und Gebräuche waren noch stark vertreten. Ihnen zu Folge galt, dass zusammen mit der Fruchtbarkeit der Nilflut im Juli und August auch die Fruchtbarkeit der Menschen einhergehen sollte. Es ist zugleich auch die heißeste Zeit des Jahres, wo die Temperaturen sich meist um die 40 Grad Celsius bewegen. W
illiams inspizierte auch die Archive der World Health Organization für ihre Studie. Dabei fand sie, dass noch bis in die 1920er und 1930er Jahre hinein im ländlichen Ägypten besonders viele Geburten in die Monate März und April fielen. Die Ergebnisse ihrer Studien präsentierte Williams auf dem Jahrestreffen der Society for American Archaeology in Honolulu.
+++ Beute: Gejagt oder geschlachtet? +++
Gejagt oder geschlachtet?

Gefährliche Beute: Gejagt oder geschlachtet?
Wann begann der Mensch, mit Speeren zu jagen? Und damit eine sichere Entfernung zwischen sich und seine - zu Lebzeiten noch äußerst gefährliche - Beute zu bringen? Indirekte Hinweise an Steinspitzen sprechen dafür, dass unsere Vorfahren in Afrika vor rund 500.000 Jahren auf die Idee kamen, Speere zu schleudern. Allerdings wird diese These oft angezweifelt. Nun hat der Archäologe Corey O'Driscoll von South East Archaeology im australischen Canberra eine Methode entwickelt, um festzustellen, ob Wunden an Knochen durch Speerwürfe und Pfeilspitzen verursacht wurden - oder nur einfache Schlachtverletzungen sind.
O'Driscoll und Kollegen stellten Steinspitzen her, wie sie im Mesolithikum benutzt wurden, und warfen und schossen diese auf Kadaver von Lämmern und Rindern. Anschließend kochten oder vergruben sie die Tiere, um möglichst rasch das Fleisch von den Knochen lösen zu können. Ihre Auszählung ergab 758 von beschleunigten Waffen verursachte Knochenverletzungen, die sie mit 201 Scharten an Knochen von geschlachteten Tieren verglichen. Unter dem Mikroskop sahen die Speer- und Pfeilwunden ganz anders aus als die Schlachtverletzungen. O'Driscoll konnte sechs Typen von Verletzungen unterscheiden, darunter Steifmarkierungen, Bruchstellen und Durchbohrungen. Außerdem lagen die meisten der Verletzungen auf den Wirbeln oder den Rippen. Beim Schlachten eines Tieres sind vor allem die Extremitäten Ziel der Messerhiebe, um das Fleisch von ihnen herunter zu bekommen.
Ein weiterer Unterschied ist, dass bei den Wunden von Speeren und Pfeilen oft Steinsplitter im Knochen zurück bleiben. Dies sei bei 17 Prozent aller Wunden und sogar bei der Hälfte aller Durchbohrungen der Fall. Bei den Schlachtwunden beobachtete er dagegen keine Steinsplitter. Ein Abgleich mit drei Tierknochen aus der Pinnacle Point Höhle in Südafrika ergab schließlich, dass diese Tiere mit Speeren erlegt wurden - vor 91.000 bis 98.000 Jahren. Eines der Tiere fand seinen Tod möglicherweise sogar bereits vor 153.000 bis 174.000 Jahren, hier basiert die Vermutung aber nur auf einem einzigen Steinsplitter. O'Driscoll erbrachte damit den ältesten direkten Nachweis des Gebrauchs von Wurfwaffen. Der Aufsatz wird von der Australian Archaeological Association im Juni diesen Jahres publiziert.
+++ Die Kartoffelfäule ist tot +++
Die Kartoffelfäule ist tot
Gute Neuigkeiten: Jener Stamm der Kartoffelfäule Phytophthora infestans, der im 19. Jahrhundert vor allem in Irland zu verheerenden Hungersnöten führte, existiert wahrscheinlich nicht mehr. Ein Team des Sainsbury Laboratory in Norwich untersuchte die DNA getrockneter Pflanzenproben aus der Zeit der Großen Hungersnot in den Kew Royal Botanical Gardens und der Botanischen Staatssammlung in München.
Beim Vergleich mit heutigen Proben aus Europa, Afrika und Amerika fanden die Forscher, dass der Stamm des Eipilzes Phytophthora infestans auf den befallenen Blättern ein anderer ist als jene Stämme, die immer noch aktiv sind und Kartoffeln sowie Tomaten anfallen. Phytophthora infestans wurde erstmals im Jahr 1844 in den USA dokumentiert und gelangte 1845 nach Europa. In dem milden, feuchten Sommer jenes Jahres breitete sich der Pilz rasant aus. Die Kartoffelfäule wird für den Tod von etwa einer Million Iren in den Jahren zwischen 1846 und 1851 verantwortlich gemacht, rund zwei Millionen weitere Iren wanderten aus.
Die Forscher vermuten, dass der so gefährliche Stamm HERB-1 um 1800 entstand und sich dann im 19. Jahrhundert ausbreitete. Erst mit der Züchtung von resistenten Pflanzen im 20. Jahrhundert konnte er eingedämmt werden. "Wir können zwar nicht sicher sein, aber wir vermuten, dass er ausgestorben ist", frohlockt Sophien Kamoun vom Sainsbury Laboratory. Heute ist es vor allem der Stamm US-1, der noch immer die Ernten befällt. Die Forscher veröffentlichten ihre Ergebnisse auf der neuen Open-Access Wissenschaftsplattform eLife.