Ausgegraben - Neues aus der Archäologie Fast alle Römer aßen Viehfutter

Die Alten Römer waren Feinschmecker? Von wegen. Knochen verraten, dass die meisten häufig Tiernahrung aßen. Außerdem im archäologischen Wochenrückblick: historischer Fund im Hut eines Königs, Kinderopfer der Inka - und die Feierabende von Friedrich Engels.
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Ernährung der Römer: Spuren in den Knochen

Foto: Kristina Killgrove

Otternasen, Lerchenzungen und Wolfszitzenchips? Von wegen! Statt exquisiter Köstlichkeiten standen bei den ärmeren Römern überwiegend Schüsseln mit Hirsebrei auf dem Tisch. Und arm waren die meisten Römer: Nur rund zwei Prozent gehörten zu Oberschicht, der Rest konnte nicht gerade als wohlhabend bezeichnet werden. Etwa ein Drittel aller Römer waren Sklaven.

Um den Essgewohnheiten der weniger betuchten auf die Spur zu kommen, untersuchten die Anthropologen Kristina Killgrove von der University of West Florida und Robert H. Tykot von der University of South Florida 36 Tote von zwei römischen Friedhöfen. Der eine Friedhof, Casal Bertone, lag gerade nur außerhalb der Stadtmauern, der zweite, Castellaccio Europarco, lag weiter draußen in den Vororten der Ewigen Stadt. Die Toten stammen aus dem ersten bis dritten Jahrhundert nach Christus. Killgrove und ihr Team analysierten die Kohlenstoff- und die Stickstoffisotope.

Kohlenstoffisotope in den Knochen geben Auskunft darüber, was für Pflanzen ein Mensch zu Lebzeiten aß, Stickstoffisotope über den Konsum von Proteinen. In der März-Ausgabe des Journal of Anthropological Archaeology berichtet Killgrove von den Ergebnissen: Je tiefer die Toten in der sozialen Rangordnung standen, desto mehr Hirse aßen sie zu Lebzeiten.

Die Toten aus den reichen Gräbern des stadtnahen Friedhofs hatten am wenigsten davon konsumiert, diejenigen aus den normalen Gräbern jenes Friedhofs schon mehr und die Toten auf dem ärmlichen Landfriedhof am meisten. Antike Texte bezeichnen Hirse als "Viehfutter". "Die Römer waren Locavoren - sie aßen, was in ihrer Umgebung zu haben war", erklärt die Anthropologin. "Im Vergleich zu küstennäheren Regionen aßen die Stadtrömer beispielsweise weniger Fisch."

+++ Historische Notizen des Königs aus dem Hut gezaubert +++

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Der Anfang einer Sprache: In den Hut genäht

Foto: PARK JI-HWAN/ AFP

Es ist ein seltsamer Ort, um darin Dokumente aufzubewahren: In einem alten Hut des koreanischen Königs Sejong (1418 - 1450) ist eine frühe Aufzeichnung zu seinem Alphabet aufgetaucht. Sejong wird die Erfindung des koreanischen Alphabets - Hangeul - zugeschrieben, das er in den 1440er Jahren in dem Buch "Die richtigen Laute" zur Unterweisung des Volkes veröffentlichte.

Zuvor nutzten die Koreaner chinesische Schriftzeichen - Lesen und Schreiben war nur einer kleinen Elite vorbehalten. Die Einführung von Hangeul und die Bemühungen Sejongs sorgten dafür, dass wesentlich mehr Koreaner es erlernten. Noch heute ist der Hangeul-Tag in Erinnerung an die Einführung der Schrift ein nationaler Feiertag. Lee Sang-Gyu von der Kyungpook National University gab vor Journalisten bekannt, dass das gefundene Dokument noch zwei Jahre älter als bisherige Aufzeichnungen zur koreanischen Schrift ist.

Der Hut wurde im vergangenen Jahr von einem südkoreanischen Sammler in Japan erworben. Er gehörte wahrscheinlich zu den königlichen Stücken, die im 16. Jahrhundert von Japanern aus Korea geplündert wurden. Die Außenseite besteht aus braunen Stoffstücken, die mit Gold bestickt sind, die Innenseite ist mit rotem Stoff ausgefüttert. Zwischen diesen Schichten war das Dokument eingenäht.

+++ Welche Kinder opferten die Inka? +++


Wie und wo lebten die Menschenopfer der Inkas, bevor sie geopfert wurden? Dieser Frage ging der Anthropologe Haagen Klaus von der Utah Valley University nach. In der neuen Ausgabe des Journal of Physical Anthropology berichtet er von seiner Untersuchung von 33 Mumien aus dem Huaca de los Sacrificios im Chotuna-Chornancap Archaeological Complex in Nordperu. Sie alle starben in dem Zeitraum zwischen 1450 und 1532 nach Christus.

Der Forscher suchte im Kollagen der Knochen und Haarkeratin nach Informationen über die Monate vor ihrem Tod: ihrer Herkunft und ihrer Ernährung. Dafür entnahmen sie Proben aus den Rippenknochen und von den Haaren der Toten. Die Demographie der Geopferten entsprach anderen Opferstätten der Inka: 30 der 33 Opfer waren weiblich und die Mehrheit davon noch keine 15 Jahre alt. Einige der Mädchen hatten noch nicht einmal das neunte Lebensjahr erreicht.

Sie starben durch komplizierte Schnittverletzungen am Hals. Die Vermutung war, dass die Opfer von Außerhalb dorthin gebracht wurden und in den Monaten vor ihrer Opferung eine spezielle Ernährung gewährt bekamen - wie es von anderen Opferstätten bekannt ist.

Das "Mädchen von Llullaillaco" beispielsweise bekam bekam bereits ein Jahr vor seinem Tod eine spezielle, besonders proteinreiche Ernährung. Doch die Mädchen vom Huaca de los Sacrificios stammten alle aus der Region und erhielten in den Monaten vor ihrer Opferung auch keine besonderen Speisen. Die Ergebnisse zeigen, so der Forscher, dass jeder Ort offenbar ganz eigene Rituale bezüglich der Auswahl und der Behandlung der Opfer praktizierte.

+++ Rohstoff für Waffen von Angkor Wat +++


In der Nähe von Angkor Wat hat der Archäologe Thuy Chanthourn eine Werkstatt zur Eisenverarbeitung gefunden. Es war ein Zufallsfund, als Chanthourn einer Gruppe Arbeiter zusah, die einen alten Ochsenweg mit chinesischen Spendengeldern in eine befahrbare Straße umwandelten.

Die Erde auf den Baggerschaufeln war ungewöhnlich dunkel: "Fast wie Kaffee, und durchsetzt mit kleinen schwarzen Steinen so schwarz wie Onyx", sagte Chanthourn der Zeitung "Cambodia Daily". Bei genauerer Untersuchung fand er Keraminkfragmente und Eisenschlacken.

Es gelang ihm, die Bauarbeiten zu stoppen und die Regierung zu überzeugen, dass hier eine archäologische Untersuchung notwendig sei. Er fand an der Stelle eine Eisenverhüttungsanlage aus der Zeit um 800 vor Christus. In der Folgezeit entdeckte er in der Umgebung noch vier weitere. Sie lieferten Eisen für die Waffen der Khmer von Angkor Wat und auch für die Eisenteile im Bau der Anlage selber.

In Kambodscha glaubt man, die Minderheit der Kuy sei traditionell für die Eisenverarbeitung verantwortlich gewesen. Die neu entdeckten Stätten sind allerdingss chon wieder in Gefahr. Zum Jahreswechsel unterzeichneten die Cambodia Iron and Steel Mining Industry Group und die China Railway Group ein Abkommen zum Bau von Industrieanlagen in der Region, was mit größeren Baumaßnahmen einhergehen wird.

+++ Der Club des Friedrich Engels +++

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Ruinen in Manchester: Friedrich Engels' Feierabend

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picture-alliance / dpa

In seiner Zeit in Manchester war Friedrich Engels Mitglied im "Albert Club", ein Treffpunkt für deutsche Intellektuelle und Kaufleute. Nun sind Archäologen bei Bauarbeiten auf die Ruinen dieses Clubs gestoßen, der nach dem Gemahl der damals regierenden Königin Viktoria - Prinz Albert von Sachsen-Coburg-Gotha - benannt war.

Von Oktober 1858 bis zum Februar 1873 war Engels Mitglied des Clubs, von 1859 sogar Vorstandsmitglied. Seine Erfahrungen in Manchester legten die Grundlagen für Engels' Schrift Zur Lage der arbeitenden Klasse in England, drei Jahre bevor er mit Karl Marx zusammen das Kommunistische Manifest verfasste. An der Stelle des alten Albert Clubs soll das neue National Graphene Institute (NGI) gebaut werden.

Nobelpreisgewinner Kostya Novoselov plant, ein Waschbecken aus dem alten Club, das bei den Ausgrabungen intakt gefunden wurde, in dem neuen Gebäude zu intergrieren, wenn es 2015 in Betrieb genommen wird. "Wir werden sehr sorgfältig diese Überreste aus der Zeit der Industirellen Revolution dokumentieren und werden zusehen, dass wir einige Artefakte in dem neuen Gebäude oder anderswo bewahren können", sagte er der BBC.

+++ Die ältesten Zuchtpferde +++

Ein Fohlen des Gestüts Al Nayifat in Saudi Arabien: Skulpturen in der Wüste entdeckt

Ein Fohlen des Gestüts Al Nayifat in Saudi Arabien: Skulpturen in der Wüste entdeckt

Foto: ? Fahad Shadeed / Reuters/ REUTERS

Die Pferderasse der Vollblutaraber geht angeblich auf fünf Stuten zurück, die der Prophet Mohammed mit sich führte, als er aus Medina floh. Schon der Koran bemerkt, dass Rassepferde ein begehrtes Gut seien. Deshalb gilt der Vollblutaraber als älteste Haustier-Zuchtrasse der Welt.

Neue archäologische Funde legen nun nahe, dass die Zähmung von Pferden allerdings schon wesentlich älter sein könnte - und in Saudi-Arabien schon vor 9000 Jahren betrieben wurde. Tief in der Wüste haben Archäologen Spuren einer bisher unbekannten Kultur entdeckt.

Neben Steinwerkzeugen und Skulpturen von diversen Tieren wie Schafen, Ziegen und Straußen fanden sie auch mehrere Pferdeskulpturen. Die größte davon wiegt über 135 Kilogramm. Einigen der Pferde liegt eine Art Riemen um die Schultern - eine frühe Form des Zaumzeugs, um die Tiere kontrollieren zu können?

Bisher ging man davon aus, dass Pferde zuerst vor rund 6000 Jahren im heutigen Kasachstan gezähmt wurden. Die Skulpturen aus Saudi Arabien aber sind noch einmal rund 3000 Jahre älter. Zu jener Zeit herrschte auf der Arabischen Halbinsel jedoch kein Wüstenklima. Die Gegend, in der die Funde gemacht wurden, war damals ein grünes Flusstal.

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