Australien Outback-Mann sucht City-Frau
Annandale ist ein guter Ort für Single-Männer. Denn in dem Stadtteil Sydneys sind ihre Altersgenossinnen klar in der Überzahl. Und manchmal gilt das sogar für die Bar des Annandale Hotels , Australiens berühmtem Rock-Zentrum an der Parramatta Road.
Wenn man die Einwohnerstatistik Annandales betrachtet, verwundert das nicht. Denn auf jeweils 100 Männer im Alter von 25 bis 34 Jahren kommen hier, inmitten des urbanen Sydney, 148 Angehörige des weiblichen Geschlechts - und Annandale ist nur eine von vielen Bastionen junger Sekretärinnen, Grafikdesignerinnen, Krankenschwestern und Studentinnen in den Großstädten des Fünften Kontinents.
Auch in Brisbane und Melbourne haben sich "single women clusters" herausgebildet, Zusammenballungen von alleinstehenden Frauen, wie das der australische Bevölkerungswissenschaftler Bernard Salt ein wenig sperrig nennt. Salt hat gerade eine Studie zu dem Problem verfasst. Das Werk trägt den bezeichnenden Namen "Man Drought" ("Männerdürre"). Dürren lassen in Australien seit Jahren Flüsse trockenfallen und verringern die Weizenernte.
Ähnlich dramatisch wirke sich das Missverhältnis zwischen den Geschlechtern aus, meint der Experte Salt. Inzwischen herrsche in der Gesamtbevölkerung Australiens ein Überschuss von knapp 100.000 weiblichen Personen - und das ist spürbar in einem Land, das mit 21 Millionen Einwohnern nur drei Millionen mehr Einwohner zählt als Nordrhein-Westfalen.
Zugleich hat sich die Kluft zwischen dem weiten Hinterland und den Metropolen an den Küsten vertieft, weil viele Frauen die staubigen Orte des Outback verlassen haben - angelockt von Hochschulen, Jobs in großen Unternehmen und der Freizeit an sandigen Stränden.
Noch vor 30 Jahren war Partnersuche leichter
So erklärt sich womöglich der krasse "Frauenüberschuss" im Vorort Manly West der Queensland-Kapitale Brisbane, wo auf 100 Männer 161 Frauen entfallen - leicht zu erkennen im indischen Restaurant, wo es nach Büroschluss vor allem junge Frauen sind, die Curryhuhn mit Reis eintüten lassen.
Auch in kleineren Städten grassiert laut Salt die Männerdürre - etwa im schmucken Buderim in den grünen Hügeln oberhalb der Sunshine Coast von Queensland. Hier kommen auf 100 Männer immerhin 150 Frauen, fand der Bevölkerungsforscher heraus. "Es gibt einfach ein zu geringes Angebot, aus dem die Frauen wählen können", fasst der Bevölkerungsforscher Salt zusammen.
Noch vor 30 Jahren fiel es den Australierinnen leichter, den Partner fürs Leben zu finden - und zwar deshalb, weil die Einwanderungspolitik der Nachkriegszeit männliche Zuwanderer bevorzugte.
Nun aber ist es die Auswanderung junger Australier, und sei es nur mit einem Vierjahres-Visum, die zum Männermangel beiträgt. Australier bilden als "Aussie Londoners" nicht nur Enklaven in London, das sie trotz des Wetters etwa gegen Perth eintauschen. Sie verdingen sich auch als Touristenführer und Barmänner auf Bali oder als Skilehrer in Chamonix und gehen so dem Heiratsmarkt daheim zumindest auf Zeit verloren.
Etwa 12.000 Australier haben allein in der Boom-Metropole Dubai festgemacht - viele von ihnen im Service der Hotels, bei Luftfahrt- und Schifffahrtslinien oder als Erdkunde- und Englischlehrer an den internationalen Schulen. Mit ihnen, so konstatiert nun Bernard Salt, sei "eine spezifische und demografisch wichtige Altersgruppe aus Australien abgezogen" worden.
Über eine Frauenebbe klagt derweil der Outback Australiens
Die Nachfrage nach Rohstoffen hat in den Wüsten und Senken des Landes zur Gründung neuer Minensiedlungen geführt, in denen freilich die Chancen der Arbeiter, ein weibliches Pendant zu treffen, denkbar gering sind. In der Kohle-Ortschaft Glenden etwa kommen auf eine Bewohnerin gleich 23 Junggesellen, die zumindest theoretisch um sie buhlen.
Vielen der Männer bleibt nichts anderes übrig, als die Einsamkeit mit Bier in der Bar hinunterzugießen. Und womöglich hat das den Bürgermeister der Kupfererz-Stadt Mount Isa, 1829 Kilometer nordwestlich von Brisbane, zu einer unstatthaften Aufforderung bewogen. Jedenfalls bot er den Frauen Australiens an, doch nach Mount Isa umzuziehen - auch "hässliche Entlein" seien willkommen.
Doch es ist kaum damit zu rechnen, dass sich Frauen etwa aus Annandale in die Pubs von Mount Isa verirren. Der Wunsch von Bürgermeister John Molony hatte in den Großstadtzeitungen nur bissige Kommentare zur Folge.
"Sind sie hässlich genug für Mount Isa?" lautete eine der Überschriften. Aber auch eine Demonstration vor dem Gemeindehaus beeindruckte Molony nicht. "Hier gibt es Gelegenheiten für einsame Frauen", gab er standhaft zurück.
Der Bevölkerungsforscher Salt rät als Fazit den Betroffenen beiderlei Geschlechts, "den persönlichen Orbit zu erweitern", so dass man den richtigen Liebeskandidaten treffe. Und dazu gehöre die "geografische Zielsuche" im Internet - Salt nennt das auch "interaktives Targeting".