Studie aus Bayern
Erderwärmung heizt Grundwasser auf
Auch in der Tiefe macht sich der Klimawandel bemerkbar: Forscher verzeichneten jetzt wärmeres Grundwasser in Bayern als noch vor 30 Jahren. Vielleicht eine Gefahr für Ökosysteme – aber auch eine Chance.
Der Klimawandel bringt an zahlreichen Orten der Erde Veränderungen mit sich. Nicht nur die Atmosphäre und Meere erwärmen sich, auch der Untergrund. Wie stark, das haben Forscher nun in Bayern gemessen. Demnach ist das Grundwasser in einer Tiefe von 20 Metern heute durchschnittlich fast ein Grad Celsius wärmer als vor 30 Jahren.
Für die Untersuchung hatten Geologen die Temperaturen an 35 Messstationen, die im gesamten Bundesland verteilt waren, in unterschiedlichen Tiefen mit Daten aus den Neunzigerjahren verglichen. An fast allen untersuchten Grundwasserspeichern sei es wärmer gewesen, berichten Peter Bayer und Hannes Hemmerle von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in ihrer Studie. Die Arbeit ist im Fachblatt »Frontiers in Earth Science« erschienen.
»Ab ungefähr 15 Metern hat der Klimawandel einen ganz klaren Einfluss, kurzfristige lokale oder saisonale Schwankungen sind dann nicht mehr zu messen«, wird Hemmerle in einer Mitteilung zitiert. Aufgrund der langfristigen Veränderungen sei Grundwasser laut den Forschern ein idealer Indikator, um die Folgen der Erderwärmung zu beobachten. Denn der Untergrund reagiert nicht auf kurzfristige Temperaturschwankungen und zeige eher langfristige Trends an.
Hinter den Messungen steckt der Effekt der thermischen Kopplung. Dabei geht Wärme eines Systems auch auf die Umgebung über. Allerdings passiert das langsam. Erwärmt sich die Luft, wird mit der Zeit auch der Boden wärmer. Zuletzt erwärmt sich auch das Grundwasser, es ist im Gegensatz zur Atmosphäre allerdings sehr träge. Das spiegelte sich auch in den Messungen wider, denn in den tieferen Schichten lag die Erwärmung nur bei etwa 0,3 Grad. Hier war die Wärme noch nicht ganz angekommen. Insgesamt decken sich die Daten der Forscher in etwa mit denen der Atmosphärenerwärmung. Die durchschnittliche Lufttemperatur hat im Vergleichszeitraum der Studie um 1,05 Grad Celsius zugelegt.
Zwar sei die Erderwärmung schon früher durch ansteigende Wassertemperaturen in der Tiefe nachgewiesen worden. Allerdings wird diese Möglichkeit des Umweltmonitorings bisher wenig genutzt. Insgesamt gebe es kaum Daten zur thermischen Entwicklung in den Grundwasserreservoirs, so die Forscher. Deshalb ließen sich die Ergebnisse auch nicht auf ganz Deutschland übertragen. Es sei aber von einem ähnlichen Trend auszugehen.
Welche Folgen der Zuwachs an Wärme im Boden hat, sei schwer zu sagen. Möglicherweise hätten höhere Wassertemperaturen Auswirkungen auf das Wachstum von Mikroben. Auch im Boden bestehen Ökosysteme, die an sehr konstante Temperaturen angepasst sind. Mehr Wärme setzte diese Systeme vielleicht unter Druck.
Immerhin lässt sich auch ein Gewinn aus der Bodenerwärmung ziehen. Denn der nun gemessene Temperaturanstieg entspreche ungefähr zehn Prozent des jährlichen Heizbedarfs in Bayern, rechnen Bayer und Hemmerle vor. »Wenigstens ein Teil der Wärme könnte möglicherweise mithilfe der Geothermie wieder genutzt werden«, so Bayer.
Zukunftstechnik Geothermie?
Bei der Geothermie wird die Wärme in der Tiefe zum Heizen oder zur Stromgewinnung genutzt. Um rund drei Grad Celsius erhöht sich die Temperatur pro 100 Meter Bodentiefe. Im Haus- und Wohnungsbau wird das bereits länger im kleinen Maßstab betrieben, dabei wird nur wenige Meter in den Boden gebohrt, um die Abwärme zum Heizen zu nutzen.
Auf der Suche nach klimafreundlicheren Energieträgern sehen Geologen vor allem in der Tiefengeothermie großes Potenzial. Dabei wird teils mehrere Tausend Meter in den Boden gebohrt und das heiße Grundwasser in ein Kreislaufsystem in eine Station an der Erdoberfläche gepumpt. Dann kann die Wärme zum Heizen oder zur Stromgewinnung verwendet werden. Allerdings bestehen bei der Investition teils hohe Risiken, da nicht jede teure Bohrung zum Erfolg führt.
Vor allem Bayern investiert bereits in die Technik. In München entsteht derzeit das größte Geothermiekraftwerk Deutschlands. Etliche andere Anlagen sind bereit in Betrieb. In einigen Jahren will die Landeshauptstadt ihre Wärme überwiegend aus der Tiefe fördern.