Schwache Goldbach-Vermutung Lösung für legendäres Zahlenrätsel vorgelegt

Schwache Goldbachsche Vermutung: Legendäres Problem endlich gelöst?
Foto: SPIEGEL ONLINEOb Christian Goldbach ahnte, wie viele Mathematikergenerationen sich seinetwegen noch den Kopf zerbrechen würden? Im Jahr 1742 beschrieb er in einem Brief an seinen Kollegen Leonhard Euler die später nach ihm benannte Vermutung: Jede gerade natürliche Zahl größer als 2 kann als Summe zweier Primzahlen geschrieben werden. Beispielsweise gilt
8 = 5 + 3 und 36 = 31 + 5.
Im Jahr 1900 erklärte David Hilbert die Goldbachsche Vermutung zu den 23 wichtigsten ungelösten Problemen der Mathematik - und ungelöst ist sie bis heute. Womöglich ist nun aber zumindest ihre kleine Schwester, die sogenannte Schwache Goldbachsche Vermutung, bezwungen. Der aus Peru stammende Mathematiker Harald Helfgott hat einen Beweis dafür auf der Plattform arxiv.org hochgeladen - und damit große Hoffnungen unter Mathematikern geweckt.
Die Schwache Goldbachsche Vermutung besagt, dass sich jede ungerade Zahl größer fünf als Summe dreier Primzahlen darstellen lässt. Beispiele dafür sind 7 = 2 + 2 + 3 und 35 = 19 + 13 + 3. Mitunter existieren für eine Zahl sogar gleich mehrere Zerlegungen - etwa für 35 = 17 + 13 + 5 = 17 + 11 + 7.
Beweis mit Computerhilfe
Das Kuriose an der Vermutung ist, dass Mathematiker bereits zeigen konnten, dass sie für alle natürlichen Zahlen oberhalb einer bestimmten Schranke gilt. "Diese Schranke war aber so hoch, dass man auch mit Computern nicht untersuchen konnte, ob die Vermutung auch für alle Zahlen unterhalb dieser Schranke zutrifft", erklärt Bernhard Hanke von der Universität Augsburg.
Mit Computern bewiesen war bislang, dass alle ungeraden natürlichen Zahlen bis 4*1018 als Summe dreier Primzahlen aufgeschrieben werden können. Zugleich war bekannt, dass die Schwache Goldbachsche Vermutung für alle Zahlen größer als 101350 zutrifft - eine gigantisch große Zahl mit 1351 Stellen. Harald Helfgott von der École Normale Supérieure Paris hat die riesige Lücke, die zwischen diesen beiden Zahlen klafft, nun nach eigener Aussage geschlossen.
Über 133 Seiten zieht sich sein Beweis, dass die Vermutung für alle natürlichen ungeraden Zahlen ab 1030 gilt. Daneben will Helfgott gemeinsam mit David Platt numerisch, also am Computer, gezeigt haben, dass die Schwache Goldbachsche Vermutung auch für alle Zahlen kleiner als 1030 zutrifft .
All dies gilt jedoch unter dem Vorbehalt der Überprüfung durch Forscherkollegen. In derartig langen und komplizierten Beweisen können schnell ein oder mehrere Fehler stecken. Manchmal lassen sich diese leicht korrigieren, mitunter bricht aber auch die gesamte Beweisführung zusammen. "Man muss immer vorsichtig sein, solange ein Beweis noch nicht von einem Fachjournal veröffentlicht wurde", betont der Augsburger Mathematiker Bernhard Hanke.
Neue Hoffnung, dass Goldbachs legendäre Vermutung bald bewiesen sein könnte, hatte zuletzt Terence Tao von der University of California in Los Angeles geweckt. Er hatte vor einem Jahr einen Beweis dafür vorgelegt, dass sich jede ungerade natürliche Zahl größer als 1 als Summe von höchstens fünf Primzahlen darstellen lässt.
Mathematiker sind von der Goldbachschen Vermutung besonders fasziniert, weil sie Primzahlen auf ungewöhnliche Art verwendet. Üblicherweise werden natürliche Zahlen in ihre Primfaktoren zerlegt, wie etwa 15=3*5 und 36=3*3*2*2. Bei den beiden Goldbachschen Vermutungen geht es jedoch nicht um Produkte, sondern um Summen aus zwei oder drei Primzahlen. Wahrscheinlich sind die beiden Vermutungen gerade deshalb so schwer zu beweisen.