Braunkohlefans in Brandenburg Staatliche Förderung für Klimawandelleugnung

Ausgerechnet der Verein "Pro Lausitzer Braunkohle" soll in Brandenburg über den Klimawandel informieren. Informationen des SPIEGEL zufolge fördert der Staat die Leugner der Erderwärmung mit Zehntausenden Euro.
Mitglieder der IG Bergbau, Chemie, Energie und des Vereins "Pro Lausitzer Braunkohle" 2015 vor dem Kanzleramt: "In der Wissenschaft sind die Ursachen für den Klimawandel durchaus umstritten"

Mitglieder der IG Bergbau, Chemie, Energie und des Vereins "Pro Lausitzer Braunkohle" 2015 vor dem Kanzleramt: "In der Wissenschaft sind die Ursachen für den Klimawandel durchaus umstritten"

Foto: Thalia Engel/ DPA

Vor den Toren der Hauptstadt liegt eines der größten Braunkohlegebiete Deutschlands. In der brandenburgischen und sächsischen Lausitz schaufeln die Bagger jedes Jahr 60 Millionen Tonnen  Braunkohle aus den noch vier verbliebenen Tagebauen. Damit soll spätestens 2038 Schluss sein, geht es nach der Kohlekommission der Bundesregierung. Trotz angekündigter Milliardenhilfen für den Strukturwandel spaltet das Vorhaben die Region, vor allem die AfD kämpft gegen den Ausstieg.

Die rechtsextreme Partei leugnet den menschengemachten Klimawandel und will Kohleausstieg und Klimaschutz abschaffen. In Cottbus wurde die AfD bei den letzten Kommunalwahlen im Mai stärkste Kraft. Auch die umliegende Lausitz-Region gilt als AfD-Hochburg. Die Folgen der Klimaleugnung durch die AfD reichen inzwischen bis in den Brandenburger Landtag. Nach Recherchen des SPIEGEL erhält der Verein "Pro Lausitzer Braunkohle" von der brandenburgischen Landesregierung seit Oktober 40.000 Euro pro Jahr für eine sogenannte Aufklärungskampagne zum Klimawandel. Das bestätigte Klaus Freytag, Lausitz-Beauftragter des Brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) auf Anfrage. Woidke regiert inzwischen in einer Kenia-Koalition zusammen mit Grünen und der CDU.

Lausitzer Braunkohle habe einen "positiven Effekt auf das Weltklima"

Auf der Website von "Pro Lausitzer Braunkohle" heißt es : "In der Wissenschaft sind die Ursachen für den Klimawandel durchaus umstritten." Außerdem sei die globale Mitteltemperatur "seit mindestens 15 Jahren nicht mehr angestiegen, obwohl die durch den Menschen verursachten CO2-Emission beständig zunehmen." Das ist schlicht falsch, wie Klimadaten zeigen . Demnach wurden in den vergangenen 20 Jahren so viele Wärme-Rekorde gemessen wie noch nie seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

Schließlich kommen die Autoren des Textes zu einem verblüffenden Fazit: "Unterm Strich ergibt sich für die Lausitzer Braunkohle eine klare, für viele aber sicher überraschende Bilanz: Die positiven Effekte für das Weltklima überwiegen sogar."

Wie kommt ein Verein mit derartigen Positionen in den Genuss staatlicher Förderung mit dem Ziel, über den Klimawandel zu informieren? Die 40.000 Euro pro Jahr erhielten die Braunkohlefans für die Kampagne "Kleine Klimaschule", in der über Klimawandel und Energiewende aufgeklärt werden soll, erklärt Freytag. Dazu gehörten nicht nur Veranstaltungen , sondern auch eine Menge "Bildungsmaterial", das an Schüler und Studenten verteilt werde.

Die ersten Texte aus der Sammlung wurden bereits auf einer Webseite veröffentlicht , die aber inzwischen "überarbeitet" werde, wie es heißt. Parallel verbreitet Jens Taschenberger, Pressesprecher des Vereins, die Lektionen der "Klimaschule" in dem von ihm herausgegebenen Familienmagazin "Lausebande". Dort werden regelmäßig klimaskeptische Artikel veröffentlicht.

Wissenschaftler auf einer Ebene mit Klimaleugnern

In dem Material der "Kleinen Klimaschule" wird der Klimaleugner-Verein Europäisches Institut für Klima und Energie (EIKE) auf eine Stufe mit dem renommierten Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) gestellt. In den Texten heißt es etwa: "Wer auf beiden Seiten gründlich nachliest, dem steht ein breites Spektrum an Arbeiten rund um Klimaschutz und Energiewende zur Verfügung." Und weiter: "Gleichzeitig müssen wir eingestehen, dass die teils zu konträren Ergebnissen kommenden Arbeiten von Experten und Einrichtungen dem Laien eine klare Positionierung schwer machen."

Taschenberger und sein Braunkohle-Verein setzen offenbar darauf mit einer vorgespielten Ausgewogenheit der Lehrinhalte auch in die Schulen zu kommen. Auf der Webseite der "Kleinen Klimaschule" hieß es noch bis vor kurzem: "Geeignet ist die Kleine Klimaschule ab Klassenstufe 7 mit ausführlicher Begleitung durch Pädagogen".

Dazu, dass "Pro Lausitzer Braunkohle" auf seiner Webseite Klimawandel-Leugner-Thesen vertritt, wolle man sich nicht äußern "weil sie keinen Bezug zu den Auswahlkriterien in den 'Fördergrundsätzen Lausitz' haben", erklärt der Lausitzbeauftrage Klaus Freytag. Er verteidigt die Förderung erstaunlich ehrlich: "Es gibt immer mehr AfD-Wähler hier in der Lausitz und wir müssen den Diskurs suchen", so Freytag.

Der Beamte arbeitete zuvor jahrelang in Bergbauämtern in Brandenburg und Köln. Die Landesregierung sei auf keinen Fall "auf Linie" mit den Klimawandel-Leugnern, so Freytag. "Aber wir müssen mit allen Gruppen in der Lausitz reden." Warum jedoch gerade diese mit Steuergeldern versorgt werden müssen, kann auch Freytag nicht beantworten. Umweltverbände hätten keine ausgereiften Konzepte vorgelegt, erklärte er.

Besonders heikel ist die staatliche Förderung für die Aufklärungskampagne durch den Braunkohleverband für die Grünen, die zusammen mit SPD und CDU in Brandenburg regieren. Die Landtagsfraktion der Partei möchte zum jetzigen Zeitpunkt keine Stellungnahme zu dem Fall abgeben, hieß es auf Anfrage.

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