Stefan Rahmstorf

Buschbrände in Australien Regierung will die Klimakrise totschweigen

Starke Brände in Australien bringen auch die Metropole Sydney in Gefahr. Obwohl sich wissenschaftlich zeigen lässt, wie der Klimawandel die Katastrophe anheizt, verweigert die australische Regierung die Diskussion.
Feuerwehrleute in Hillville, an der Ostküste des Landes. In Australien hat der Forest Fire Danger Index am Dienstag für die Region Sydney die Stufe "katastrophal" erreicht - erstmals in der Geschichte

Feuerwehrleute in Hillville, an der Ostküste des Landes. In Australien hat der Forest Fire Danger Index am Dienstag für die Region Sydney die Stufe "katastrophal" erreicht - erstmals in der Geschichte

Foto: Sam Mooy/ Getty Images

Es ist Frühling in Australien. Der heiße Sommer steht noch bevor, doch schon wüten verheerende Buschbrände im Bundesstaat New South Wales im Umland von Sydney und in Queensland. Bereits jetzt ist die Rekordfläche von rund einer Million Hektar verbrannt - das entspricht einem Viertel der Fläche der Schweiz. Mehr als 300 Häuser wurden Opfer der Flammen. Die konservative Regierung versucht derweil, jede Diskussion über die Rolle der Erderhitzung zu unterdrücken.

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Foto: Astrid Eckert

Stefan Rahmstorf schreibt regelmäßig für den SPIEGEL über die Klimakrise. Er ist Klima- und Meeresforscher und leitet die Abteilung Erdsystemanalyse am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Seit dem Jahr 2000 ist er zudem Professor für Physik der Ozeane an der Universität Potsdam. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Paläoklimaforschung, Veränderungen von Meeresströmungen und Meeresspiegel sowie Wetterextreme.

Dass die globale Erwärmung die Waldbrandrisiken deutlich erhöht, ist in der Wissenschaft klar belegt und unumstritten. Der aktuelle Bericht des Weltklimarats IPCC zu den Landgebieten der Erde zeigt dies erneut auf . Schon unterhalb von einem Grad Erwärmung dehnt sich demnach "mit hoher Konfidenz" die Waldbrandsaison aus - genau das, was wir in Australien gerade beobachten können.

Der Bericht warnte auch vor zunehmenden Waldbränden in hohen nördlichen Breiten - fast wie zum Beweis wüteten just während der Vorstellung des Berichts im vergangenen August riesige Waldbrände  von beispiellosem Ausmaß in Sibirien  und Alaska, wie das Satellitenmonitoring zeigte.

Im Video: Buschfeuer in Australien - das Schlimmste steht uns noch bevor

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Es sind vor allem zwei Effekte, mit denen der Klimawandel die Brände anheizt.

  • Ausbleibender Regen - der IPCC hat dokumentiert, dass schon heute Dürrephasen gerade in ohnehin niederschlagsarmen Gebieten wie dem Mittelmeerraum, Kalifornien oder eben Australien zunehmen.
  • Größere Hitze - hohe Temperaturen tragen dazu bei, dass die Vegetation schneller austrocknet .

Beide Faktoren werden - zusammen mit dem Wind, der die Ausbreitung der Feuer anfacht - routinemäßig in den Waldbrandgefahrenstufen berücksichtigt. In Australien hat der Forest Fire Danger Index am Dienstag in mehreren Regionen die Stufe "katastrophal" erreicht - erstmals in der Geschichte auch in Sydney .

Der letzte offizielle Klimabericht des Australischen Wetterdiensts  und der Forschungsorganisation CSIRO zeigt eine deutliche Zunahme der Brandgefahr über die letzten Jahrzehnte. "Der Klimawandel, einschließlich der steigenden Temperaturen, trägt zu diesen Veränderungen bei", heißt es in dem Bericht.

Die konservative australische Regierung, die fest in Händen der Kohlelobby ist und schon das Sterben des Great Barrier Reefs nach Kräften zu beschönigen versucht, möchte nun möglichst jede Diskussion über die Erderwärmung im Keim ersticken.

Gladys Berejiklian, die Ministerpräsidentin von New South Wales, sagte im Fernsehen, wir sollten "weder heute, noch morgen, noch in den nächsten Wochen" die Rolle des Klimawandels bei den Bränden diskutieren. Greg Mullins, ehemals Kommissar für Rettung und Brandbekämpfung von New South Wales, hielt dem in einem Artikel  entgegen: "Wenn nicht jetzt, wann dann?" Er ist einer von 23 leitenden Brandmeistern, die sich bereits im April in einem eindringlichen offenen Brief  an die Regierung gewandt und davor gewarnt haben, dass Australien nicht vorbereitet ist auf das durch den Klimawandel immer extremere Wetter.

Die Regierung versucht derweil die Diskussion über die tieferen Ursachen der zunehmenden Brände als pietätlose Politisierung der Opfer hinzustellen. Behördenmitarbeiter, die an einem Workshop zur Klimaanpassung in New South Wales teilnahmen, bekamen die Order , die Verbindung zwischen Klima und Buschfeuern nicht zu diskutieren. Australiens Vizepremierminister verstieg sich gar zu der Aussage , die Verbindung zwischen Feuer und Klimawandel sei eine Erfindung von "fabulierenden innerstädtischen Verrückten".

Die Regierungspartei ist in der Klimapolitik praktisch sprach- und handlungsunfähig, da ein erheblicher Teil der Partei Realitätsverweigerung betreibt  und sogar die wissenschaftlich zweifelsfrei belegte Existenz einer vom Menschen verursachten Erderwärmung leugnet.

Das ist eine unverantwortliche und fatale Vogel-Strauß-Haltung, wie sie leider auch in Deutschland in Teilen mehrerer Parteien anzutreffen ist. Sie ist mit ein Grund dafür, dass trotz der vielen Bekenntnisse zum Pariser Klimaabkommen und einem einstimmigen Bundestagsbeschluss die notwendigen Maßnahmen schwer durchzusetzen sind und immer wieder verwässert werden.

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