Auszeichnung für Zellforscher Chemie-Nobelpreis geht an zwei Amerikaner

Auszeichnung für Zellforscher: Chemie-Nobelpreis geht an zwei Amerikaner
Foto: DPA/ Duke University of Medicine/ Stanford UniversityStockholm/Hamburg - Die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften hat in diesem Jahr die US-Forscher Robert Lefkowitz und Brian Kobilka mit dem Nobelpreis für Chemie für ihre Arbeit über die Funktion von Rezeptoren in Körperzellen ausgezeichnet.
Die beiden Forscher erhalten den Preis für die Entdeckung von Rezeptoren in der Zellmembran, die wichtige Signale von außen in die Zelle leiten. Die sogenannten G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCR) sind etwa dafür zuständig, dass Licht vom Auge verarbeitet wird oder dass das Hormon Adrenalin auf die Zellen wirken kann.
"Die Rezeptoren ähneln einem Schaltsystem in einem Gebäude", erläuterte Sara Snogerup Linse vom Nobel-Komitee. Sie sorgen nach ihren Worten dafür, dass die Zellen Signale von außen bekommen und darauf reagieren können. "Wie das funktioniert, ist sehr wichtig für die Entwicklung von Medikamenten."
Rezeptoren an Körperzellen können Umweltinformationen, etwa in Form von chemischen Verbindungen oder Licht, registrieren und erlauben es dem Körper so, sich "an neue Situationen anzupassen", wie die Jury ausführte. Bis zu 50 Prozent aller Medikamente entfalteten ihre Wirkung durch die G-Protein-gekoppelten Rezeptoren. Die Erklärung ihrer Wirkweise bedeute für die medizinische Forschung einen großen Schritt vorwärts. Auf dieser Grundlage könnten passgenauere Arzneien mit weniger Nebenwirkungen entwickelt werden, erklärte Nobelkomitee-Mitglied Sven Lidin.

Medizin, Physik und Chemie: Die Preisträger 2012
Der 69-jährige Lefkowitz ist Professor für Biomedizin und Biochemie an der Duke University im US-Bundesstaat North Carolina. Er hatte 1968 begonnen, Zellrezeptoren mit radioaktiver Strahlung sichtbar zu machen. Dabei entdeckte er mehrere Rezeptorarten, darunter einen Rezeptor für Adrenalin. Mit seinen Mitarbeitern extrahierte Lefkowitz diesen Rezeptor und erforschte seine Wirkungsweise.
In den achtziger Jahren begann dann Kobilka, der mittlerweile molekulare und Zellphysiologie an der Medizinischen Fakultät der Stanford University in Kalifornien lehrt, zu versuchen, das Erbgut dieses Rezeptors im riesigen menschlichen Genom zu identifizieren. Er hatte Erfolg, und die Forscher stellten fest, dass das Erbgut dem eines Rezeptors im Auge ähnelt, der Licht aufnimmt. So kamen die Wissenschaftler darauf, dass es eine ganze Familie von Rezeptoren mit ähnlicher Erscheinung und Wirkweise gibt - die G-Protein-gekoppelten Rezeptoren.
"Telefon für dich"
Lefkowitz sagte in einer Telefonkonferenz mit schwedischen Journalisten, er habe den Anruf des Nobelkomitees überhört. "Ich muss ihnen gestehen, dass ich mit Ohrstöpseln schlafe, und deshalb gab meine Frau mir einen Stoß mit dem Ellbogen: 'Telefon für dich'", erzählte der frisch gebackene Preisträger. Nun fürchte er, dass er im Laufe des Tages keine Zeit für einen eigentlich geplanten Friseurtermin habe, um sich einen dringend notwendigen Haarschnitt verpassen lassen.
Die feierliche Überreichung der Auszeichnungen findet traditionsgemäß am 10. Dezember statt, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel.
Der seit 1901 verliehenen Chemie-Nobelpreis ist in diesem Jahr wie auch die anderen Nobelpreise mit umgerechnet 930.000 Euro dotiert. Die Nobel-Stiftung vergibt dieses Jahr 20 Prozent weniger Geld für die Nobelpreise als in den Jahren zuvor. Das Stiftungskapital hatte unter der Wirtschafts- und Finanzkrise gelitten.
Die Auszeichnung für Chemie ist die dritte von sechs Nobelpreis-Verleihungen. Am Montag waren die Preisträger des Medizin-Nobelpreises bekanntgegeben worden, am Dienstag folgte die Verkündung der Gewinner des Nobelpreises für Physik.
Nun folgen noch der Nobelpreis für Literatur am Donnerstag sowie der Friedensnobelpreis, dessen Träger in der norwegischen Hauptstadt Oslo am Freitag verkündet wird. Den Abschluss bildet der Preis für Wirtschaftswissenschaften am Montag.
2011 war der Chemie-Nobelpreis an den Chemiker Daniel Shechtman gegangen. Er war für seine Entdeckung von Quasikristallen ausgezeichnet worden. Dabei handelt es sich um feste Körper mit einer ungewöhnlichen Atomanordnung - die von Shechtman entdeckten Muster haben die Materialforschung revolutioniert.