Chemikalie US-Behörden stufen Formaldehyd als krebserregend ein

Kunstharze, Desinfektionsmittel, Haarglätter - Formaldehyd kommt in der chemischen Industrie häufig zum Einsatz. Nun findet sich die Substanz mit sieben weiteren auf einer neuen Liste US-Gesundheitsministeriums - weil sie als krebserregend eingestuft wurde.

Jahrelang ist um die Neufassung des "Report on Carcinogens" des US-Gesundheitsministeriums gestritten worden. Die mittlerweile zwölfte Ausgabe der Liste  fasst Substanzen zusammen, die nach Meinung von Fachleuten das Risiko erhöhen, an Krebs zu erkranken. Lobbyisten der Chemieindustrie hatten die aktuelle Veröffentlichung immer wieder verzögert. Nun ist das Dokument doch noch fertig gestellt worden. Es enthält nach Angaben des US-Gesundheitsministeriums insgesamt acht neue Substanzen.

Der wohl wichtigste Neuzugang ist Formaldehyd. Es wird als Grundstoff in der chemischen Industrie genutzt, kommt aber auch in Kunstharzen, Desinfektionsmitteln und Haarglättern zum Einsatz. Formaldehyd ist von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits seit dem Jahr 2004 als krebserregend für den Menschen eingestuft. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) teilt diese Einschätzung.

Konkret geht es um ein erhöhtes Risiko für Tumore im Nasen-Rachenraum und gegebenenfalls auch Leukämie. Die US-Regierung erklärte, gefährdet durch Formaldehyd seien vor allem Arbeiter in Fabriken, in denen der Stoff verwendet wird. Aber auch Verbraucher sollten sich bemühen, den Kontakt mit der Substanz so weit wie möglich zu vermeiden. In Deutschland gibt es bei Formaldehyd Obergrenzen für die Verwendung in Textilien. Auf europäischer Ebene wird eine Neueinstufung des Stoffs diskutiert, die unter anderem von Frankreich gefordert wird. Daraus könnten sich in Zukunft strengere Regeln für den Umgang mit der Substanz ergeben.

Ein weiterer Neuzugang auf der US-Liste der krebserzeugenden Substanzen ist Styrol, das zur Herstellung verschiedener Kunststoffe verwendet wird. Hier sind die Hinweise auf eine Krebsgefahr jedoch nach Ansicht der Behörden nicht ganz so stark wie beim Formaldehyd. In Deutschland gehört Styrol nach Informationen des BfR zu den so genannten Altstoffen. Das heißt, es war bereits vor dem Inkrafttreten des Chemikaliengesetzes auf dem Markt. Daher hat es nicht die heute normalerweise erforderlichen Anmeldeverfahren inklusive toxikologischer Prüfung durchlaufen. In Mäuseversuchen hat Styrol Lungentumore hervorgerufen, bei Experimenten mit Ratten jedoch nicht.

In den USA hat die neue Liste der krebsauslösenden Stoffe für lange Diskussionen gesorgt. Die Industrie hatte massiv gegen die Einstufung Front gemacht. Bei den früheren Berichten des US-Gesundheitsministeriums hatte es ähnlichen Streit um Passivrauchen, Sonnenbänke und die früher verbreitet für Mottenkugeln eingesetzte Substanz Naphtalin gegeben. Insgesamt stehen nun 240 einzelne Einträge auf der Liste.

chs

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