Corona in Deutschland Fast 8700 Neuinfektionen gemeldet – Inzidenz steigt auf 72,7

Die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland ist laut Robert Koch-Institut am fünften Tag in Folge gestiegen. Und: RKI-Chef Lothar Wieler rechnet mit noch höheren Infektionszahlen nach den Herbstferien.
Coronatest in Hannover (Archivbild)

Coronatest in Hannover (Archivbild)

Foto: Julian Stratenschulte / dpa

Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Neuinfektionen ist auf 72,7 gestiegen. Zum Vergleich: Am Vortag hatte der Wert bei 70,8 gelegen, vor einer Woche bei 66,1.

Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem Robert Koch-Institut (RKI) innerhalb eines Tages 8682 Corona-Neuinfektionen. Das geht aus Zahlen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards  von 4.05 Uhr wiedergeben. Vor einer Woche hatte der Wert bei 7612 Ansteckungen gelegen.

Deutschlandweit wurden den neuen Angaben zufolge binnen 24 Stunden 17 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 24 Todesfälle gewesen. Die Zahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 94.618.

Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 4.373.789 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden. Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit 4.147.000 an.

»Es wird auch jetzt wieder einen deutlichen Anstieg der Zahlen geben«

RKI-Chef Lothar Wieler geht von einem Anstieg der Corona-Infektionszahlen in diesem Herbst aus. »Wir haben einerseits durch die geschlossenen Schulen kurzzeitig weniger Infektionen«, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Durch den Urlaubsverkehr während der Herbstferien werde es jedoch »wieder zu mehr Infektionseinträgen aus dem Ausland kommen«. Die »Schwere und Dauer einer solchen Welle« lasse sich allerdings schwer vorhersagen.

Im Sommer hätten bis zu 20 Prozent der gemeldeten Coronainfektionen ihren Ursprung im Ausland gehabt, sagte Wieler. »Es wird auch jetzt wieder einen deutlichen Anstieg der Zahlen geben.« Je mehr sich das Leben in den kommenden Wochen in die Innenräume verlege, desto größer werde dieser Anstieg sein. »Wie hoch die Welle wird, hängt dann vor allem von der Impfquote ab.«

Virologe erwartet keine große Grippewelle

Eine ähnliche Prognose stellt Oliver Keppler, Leiter der Virologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. »Im vor uns liegenden Herbst und Winter müssen wir von einer deutlichen Verschärfung des Infektionsgeschehens ausgehen. Unser Leben verlagert sich nach innen«, sagte der Wissenschaftler der Nachrichtenagentur dpa.

Zu einer neuerlichen Verschärfung der Coronamaßnahmen rät der Virologe nicht: »Grundsätzlich müssen wir in dieser Phase der Pandemie in verschiedenen Bereichen Lockerungen versuchen, um zu sehen, was gut vertretbar ist und wo man noch Hygienemaßnahmen oder Testungen zur Absicherung beibehalten muss.«

Entgegen mancher Befürchtungen steht Deutschland nach Einschätzung Kepplers keine große gleichzeitige Grippewelle bevor. »Ich erwarte keine schwere Grippesaison«, sagte Keppler. »Die Grippe wandert alternierend von der Süd- zur Nordhalbkugel und wieder zurück« – immer im jeweiligen Winterhalbjahr. Doch weltweit seien Influenzaviren in der Bevölkerung durch die Corona-Hygienemaßnahmen weit zurückgedrängt worden.

»Auf der Südhalbkugel waren zwei Winter hintereinander kaum Infektionen zu verzeichnen. Einen effizienten Eintrag des Virus bei uns im bevorstehenden Winter halte ich daher für unwahrscheinlich«, sagte Keppler. »Covid-19 muss auch in diesem Winter unser Hauptaugenmerk gelten.«

Dennoch sollte die voraussichtlich vergleichsweise entspannte Lage bei der Grippe nach Kepplers Überzeugung für gefährdete Menschen kein Grund zur Sorglosigkeit sein: »Alle Personen, denen die Ständige Impfkommission auch in früheren Jahren die Grippeimpfung empfohlen hat, sollten sich wie zuvor impfen lassen.« Dazu zählen unter anderem Menschen ab 60 Jahren, Schwangere, Vorerkrankte und medizinisches Personal.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte die Menschen in Deutschland dazu aufgerufen, sich in diesem Herbst besonders zahlreich gegen Grippe impfen zu lassen. Weil es in Deutschland im vergangenen Jahr infolge des teilweisen Lockdowns so gut wie keine Grippe gegeben hatte, sei das Risiko einer Grippewelle in diesem Jahr umso höher, sagte er kürzlich. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts könnte unser Immunsystem wegen der ausgefallenen Grippewelle weniger gut auf die kommenden Influenzaviren vorbereitet sein.

wit/dpa/AFP
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