Corona-Pandemie Nerz-Mutationen in sieben Ländern nachgewiesen

Nerze auf einem Hof in Dänemark
Foto:Mads Claus Rasmussen / dpa
In Dänemark hat die Tötung von Millionen von Nerzen eine heftige politische Debatte entfacht – am Ende trat ein Minister zurück. Die Pelzzucht ist dort ein mächtiger Wirtschaftsfaktor und es gab wohl keine rechtliche Grundlage für die Keulungen der Tiere. Sie war als Schutzmaßnahme gegen die Ausbreitung einer Mutation des Coronavirus gedacht, die zuvor in einzelnen Fällen auf Menschen übergegangen war.
Eine aktuelle Untersuchung zeigt: Diese Nerz-Mutationen sind auch in anderen Ländern bei Menschen nachweisbar. Das berichten Forscher, die Analysen aus einer internationalen Gendatenbank ausgewertet haben. Ihre Studie, die vor wenigen Tagen auf einen Preprint-Server hochgeladen wurde, befasst sich mit der Verbreitung. Zwar sind die Daten in solchen Fälle noch nicht von Fachkollegen begutachtet, aber das wird noch erfolgen.
Wie die Forscher um Lucy van Dorp und François Balloux vom Genetics Institute des University College London schreiben, hat eine Auswertung von Genanalysen aus der Datenbank Gisaid Hinweise auf weitere von Nerzen stammende Viren bei Menschen gegeben.
Diese Mutationen waren bisher wegen der geringen Menge an entsprechenden Genanalysen schwierig zu finden. »Aber zwischen dem 5. und 8. November haben dänische Forscher mehr als 8000 vom Menschen isolierte SARS-CoV-2-Genome auf Gisaid hochgeladen«, schreibt Institutsdirektor François Balloux dem SPIEGEL in einer Mail. »Das hat zur Identifizierung von mehr als 300 Virenstämmen geführt, die die Y453F-Mutationen tragen«, so der Forscher.
Verbreitungswege nicht nachvollziehbar
Balloux schrieb, dass in den Gisaid-Daten Mutationen in sechs weiteren Länder erkennbar war: Vier Analysen aus den Niederlanden wiesen sie auf, drei aus der Schweiz, zwei aus Südafrika und jeweils eine aus den USA, Russland und Australien. Insgesamt wurden 150.000 Gendatensätze untersucht. In den Niederlanden hatten sich im Frühjahr schon Menschen bei den Tieren angesteckt.
Wie viele der Fälle auf Kontakte mit den Tieren zurückgehen, können die Forscher nicht sagen. Auch die Verbreitungswege sind nicht nachvollziehbar. Die Proben aus Dänemark stammen aus dem Juni. Das mutierte Virus könnte durch Tiertransporte, aber auch durch Reisende übertragen worden sein. Weil die Gisaid-Daten kaum Patienteninformationen beinhalten, lassen sich weitergehende Aussagen über den Verbreitungsweg nicht treffen.
Es ist nicht das erste Mal, dass das Coronavirus in Tieren nachgewiesen wurde. Es fand sich bei verschiedenen Arten, beispielsweise in Katzen, Hunden, Löwen und Tigern. Unter Nerzen konnte es sich leicht verbreiten, weil die Tiere auf den Farmen auf engem Raum zusammenleben. Dänemark ist der weltweit größte Produzent von Nerzfellen. Dort lebten etwa 15 bis 17 Millionen der Pelztiere auf mehr als 1100 Zuchtfarmen.
Bisher war bekannt, dass sich die Mutation des Virus offenbar auf das sogenannte Spike-Protein auswirkt. Über diese Eiweiße dringt das Virus in menschliche Zellen ein und vervielfältigt sich dort. Diese Mutationen sind im Übrigen nicht auf von Tieren bewirtete Virenstämme beschränkt, sondern geschehen ständig und auch im Menschen. So sind schon etliche Mutationen des Virus bekannt und lassen Rückschlüsse über dessen Verbreitung zu (mehr zum Thema Mutationen lesen sie hier ).
Reservoir für das Virus
Das dänische Gesundheitsinstitut SSI hatte zwar bekannt gegeben, dass die Nerz-Mutation für den Menschen nicht gefährlicher sind als andere Sars-COV-2-Viren. Aber es war befürchtet worden, dass die derzeit entwickelten Impfstoffe weniger gut gegen diese Variante wirken. (Mehr dazu lesen Sie hier.)
Derzeit sieht es allerdings nicht danach aus, schrieb kürzlich die Fachzeitschrift »Nature« . Auch etliche Virologen sehen bisher keine Gefahr und betrachten die Keulungen der Nerze als Vorsichtsmaßnahme.
Denn die Tiere können den Viren dauerhaft eine Zuflucht ermöglichen. Gerade die großen Zuchtnerzpopulationen bieten ein Reservoir für das Coronavirus. Das erschwert es langfristig, die Pandemie einzudämmen. Deshalb sei es durchaus sinnvoll, dieses Reservoir loszuwerden, sagte Balloux dem »Guardian« .