Viruswelle in der Volksrepublik China nennt Kriterien für Corona-Todesstatistik

Patient in einem Krankenhaus in China
Foto: Noel Celis / AFPChina erlebt derzeit einen harten Covid-Winter mit vollen Krankenhäusern und ausverkauften Medikamenten. Die Regierung hat sich von der Null-Covid-Politik verabschiedet , es wird weniger getestet. Nun schwappt eine gewaltige Coronawelle durch das Land.
Nach Schätzungen muss mit Hunderttausenden Toten gerechnet werden, in Peking kommen die Krematorien mit der Einäscherung der Toten nicht mehr nach. Umso überraschender lesen sich die Statistiken zu Coronatoten im Land: China meldet am Mittwoch zwar mehr als 3000 neue Fälle, aber den zweiten Tag in Folge niemanden, der dem Virus zum Opfer gefallen wäre.
Wie kann das sein?
Internationale Gesundheitsexpertinnen und -experten beäugten die offiziellen Angaben zur Pandemie von Anfang an kritisch. Die Zahl der Todesfälle seit Beginn der Pandemie vor drei Jahren beläuft sich auf 5241 – ein Bruchteil dessen, was in den meisten anderen Ländern zu beklagen war.
Bereits kurz nach Ausbruch des Coronavirus in der Millionenmetropole Wuhan gab es Zweifel an der Statistik Chinas zur Ausbreitung des Erregers. Zunächst zählten nicht alle Menschen, die positiv getestet wurden, als Fall – nur welche, die Symptome zeigten. Auch die Todesfallzahlen erweckten Zweifel.
Lungenentzündung oder Atemwegsversagen
Ein chinesischer Gesundheitsbeamter erklärte nun, das Land zähle bei der offiziellen Covid-19-Todesrate nur Todesfälle durch Lungenentzündung oder Atemwegsversagen. Tote mit Vorerkrankungen fließen nicht in die offiziellen Statistiken ein, sagte Wang Guiqiang, der Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten am Krankenhaus Nr. 1 der Universität Peking.
Die Gesundheitsbehörden des Landes zählten bei Krankheiten schon immer konservativ, auch bei Grippeinfektionen. In den meisten Ländern, auch in Deutschland, sehen die Richtlinien vor, dass jeder Todesfall, bei dem Covid-19 ein Faktor ist, auch in die Statistik mit einfließt. Dazu zählen auch Patienten mit Vorerkrankungen.
Kritik der Weltgesundheitsorganisation
Sowohl Menschen, die unmittelbar an der Erkrankung verstorben sind (»gestorben an«), als auch Personen mit Vorerkrankungen, die mit Sars-CoV-2 infiziert waren und bei denen sich nicht abschließend nachweisen lässt, was die Todesursache war (»gestorben mit«), werden laut dem Robert Koch-Institut derzeit erfasst .
Die WHO hat die Zählweise der Chinesen kritisiert. Die Definition der Covid-19-Todesfälle sei zu eng gefasst, so der Leiter der WHO-Notfallabteilung. »Menschen, die an Covid sterben, sterben angesichts der Schwere der Infektion an einem Versagen vieler verschiedener Organsysteme«, sagte Ryan am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. »Wenn man also die Todesdiagnose auf Personen mit einem positiven Coronatest und Atemwegsversagen beschränkt, unterschätzt man die tatsächliche Zahl der Todesfälle stark«, sagte Michael Ryan.
Die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) berichtet von Menschen aus China, deren verstorbene Verwandte nicht in der offiziellen Todesstatistik berücksichtigt worden seien. Wenn die Patienten Grunderkrankungen hatten, wurde ihr Tod darauf zurückgeführt und nicht auf ihre Coronaerkrankung.
Nach Schätzungen des britischen Gesundheitsdatenunternehmens Airfinity sterben in China jeden Tag mehr als 5000 Menschen an Corona – ein starker Kontrast zu den offiziellen Angaben. Die Datenspezialisten kommen auf der Grundlage von Modellrechnungen und Auswertungen aus China zu diesem Ergebnis.