Mobilfunk, Atomkraft, Radon Deutsche beurteilen Risiken durch Strahlung falsch
Die meisten Bundesbürger halten die Strahlung durch Handys oder Atomkraftwerke laut einer Umfrage für beunruhigend. Die größte Strahlengefahr ist vielen nicht bekannt: Radon.
Smartphones stehen unter Generalverdacht, auch Kernkraftwerke werden oft als Quelle von gefährlicher Strahlung angesehen. Dabei sind andere Quellen meist gefährlicher für die Gesundheit.
Viele Deutsche wissen das nicht. Das ist zumindest das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS), die am Mittwoch in Berlin veröffentlicht wurde.
Fast drei von vier Befragten (73,9 Prozent) gaben demnach an, dass sie Strahlung durch Kernkraftwerke "sehr" oder "eher" beunruhige. Mehr als jeder zweite (51,4 Prozent) macht sich Sorgen um Strahlung von Mobilfunkmasten, fast ebenso viele (51 Prozent) über Handys und Tablets.
Dagegen sind nur knapp 23 Prozent besorgt über Radon in der Umwelt - obwohl das Edelgas die größte Quelle für die durchschnittliche jährliche Strahlenbelastung ist und nach dem Rauchen die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs.
Fünf Prozent aller Todesfälle durch Lungenkrebs gehen auf Radon zurück
Die aktuelle Umfrage zeige, dass die Risiken der Kernkraft in der Bevölkerung überschätzt und die Gefahr von Radon unterschätzt werde, sagte BfS-Präsidentin Inge Paulini.
Radon entsteht natürlicherweise im Erdreich, wenn Uran zerfällt, und kann von dort in Gebäude gelangen. Das Gas ist farblos, nicht zu riechen oder zu schmecken. Radon zerfällt nach dem Einatmen in der Lunge, dabei wird radioaktive Strahlung freigesetzt - in der Folge steigt das Krebsrisiko.
Rund fünf Prozent aller Todesfälle durch Lungenkrebs in Deutschland können dem BfS zufolge Radon zugeschrieben werden. Ein Schwellenwert, unterhalb dessen das Gas mit Sicherheit ungefährlich ist, sei bisher aber nicht bekannt. Bürgern empfiehlt die Behörde, als Gegenmaßnahme regelmäßig zu lüften und undichte Stellen im Keller und Erdgeschoss abdichten zu lassen.
Die Radonbelastung schwankt in Deutschland stark - abhängig davon, wie viel Uran und Radium in einer Region im Boden vorhanden sind und wie durchlässig dieser ist. Erhöht ist die Radongefahr etwa in Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen. (Eine Karte mit dem Radonpotenzial in Deutschland finden Sie auf dieser Seite des Bundesamtes für Strahlenschutz, sie ermöglicht allerdings nur eine grobe Einschätzung.)
BfS-Präsidentin Paulini sieht bei der steigenden Digitalisierung in Deutschland eine Lücke klaffen: "Einerseits gibt es den selbstverständlichen Umgang mit neuen Technologien und andererseits eine gefühlte Bedrohung durch die damit einhergehende Strahlenbelastung."
Jeder zweite (49,2 Prozent) glaubte in der Umfrage, dass Handystrahlung das Erbgut schädigen kann. Das Bundesamt betont, dass das nicht richtig ist. Selbst beim Ausbau der Netze auf 5G ändert sich nach aktuellem Stand der Forschung nichts - auch wenn manche Forscher noch mehr Studiendaten fordern (mehr dazu lesen Sie hier.) Fast ebenso viele Befragte (48,7 Prozent) fühlen sich durch staatliche Einrichtungen vor Mobilfunk-Anlagen "überhaupt nicht" und "eher nicht" gut geschützt.
Generell gaben mehr als 35 Prozent an, es mache ihnen Sorgen, dass sie "überall von Strahlung umgeben" seien, fast jeder Dritte glaubt, die Strahlenbelastung sei zu hoch.
joe/dpa