Deutsche WM-Siegesformel
1990+1974-1954 = wir werden Weltmeister
Der WM-Sieg für Deutschland ist geradezu unvermeidlich, das beweisen die Zahlen. Wie übrigens schon 2006. Und auch für 2014 findet sich eine Formel, die keinen Zweifel am Titelgewinn lässt - das ist das Schöne am Mathe-Jonglieren.
Deutsches Sommermärchen 2006: Viele glaubten fest an den Titel für das deutsche Fußballteam. Die Sportfreunde Stiller sangen: "'54, '74, '90, 2006 - ja so stimmen wir alle ein". Und schon bald macht eine WM-Formel die Runde, die kaum noch Zweifel zuließ: 54x74-1990 = 2006. Solide Formel, eindeutiges Ergebnis - Mathematik ist unbestechlich.
Okay, die Geschichte ging leider etwas anders aus. Ein gewisser Fabio Grosso schoss in der Verlängerung des Halbfinales ein Tor gegen Deutschland - und die WM-Formel war Makulatur.
Das Schöne an Zahlen ist allerdings, dass man sie nur ein bisschen hin- und herschieben muss - und schon stimmt das Ergebnis wieder. Statistik-Experten beherrschen solche Tricks und Kniffe bestens - im Fall der neuen WM-Formel muss man nicht mal so weit ausholen:
1990+1974-1954 = 2010
Die Formel funktioniert so: Man nehme die beiden letzten Jahre, in denen ein Team Weltmeister wurde, und ziehe davon das drittletzte Jahr ab. Im Fall Deutschland liefert die WM-Formel dann das Ergebnis 2010.
Aber taugt die Rechnung auch für andere Länder? Es gibt neben Deutschland nur zwei Mannschaften, für die man sie überhaupt anwenden kann: Brasilien und Italien. Brasilien kommt auf fünf Titel, Italien auf vier - siehe Tabelle unten. Alle anderen Länder können nur eine oder zwei gewonnene Weltmeisterschaften verbuchen - zu wenig für die WM-Gleichung.
Sieger bei Fußball-Weltmeisterschaften
Brasilien
1958
1962
1970
1994
2002
Italien
1934
1938
1982
2006
Deutschland
1954
1974
1990
Argentinien
1978
1986
Uruguay
1930
1950
England
1966
Frankreich
1998
Für Brasilien liefert die Formel für das Siegjahr 1970 die falsche Prognose 1974 (1970+1962-1958). Bekanntlich holten 1974 die Deutschen den Titel. Brasilien gewann aber auch 1994. Laut WM-Formel hätte man dann 1994+1970-1962 = 2002 mit dem nächsten Titel rechnen müssen. Und tatsächlich siegte das Team beim Turnier 2002. Immerhin: In einem von zwei Fällen stimmt die Formel.
Wie sieht es bei Italien aus? Nach 1934 und 1938 holte das Land erst wieder 1982 den Titel. Die sich daraus ergebende Prognose von 1986 (1982+1938-1934) ist jedoch falsch. Der Weltmeister von 1986 heißt Argentinien.
Wenn zwei von drei Prognosen nicht stimmen, kommt man natürlich ins Grübeln. Die einzig plausible Erklärung dafür: Die Formel gilt eben nur für Deutschland. Den Ballvirtuosen aus Brasilien fehlt das Verständnis für Zahlen, und die Italiener wollen sich nicht in das Korsett von Formeln zwängen lassen - basta!
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Wirbel und Nähte: Die Physik des Fußballs
Der Dortmunder Physiker Metin Tolan hat ebenfalls eine WM-Formel entwickelt. Und wie kaum anders zu erwarten lautet das Ergebnis auch hier: Deutschland wird Weltmeister. Tolan hat die WM-Endrunden mit deutscher Beteiligung von 1934 bis 2006 durchnummeriert - es sind insgesamt 16. Das Turnier in Südafrika ist demnach die 17. Weltmeisterschaft.
Seine Formel lautet:
P(n) = (Pm+1/2)+(Pm-1/2) *cos(2*Pi*n/N)
P(n) = Platzierung bei der n-ten WM Pm = Mittlere Platzierung bei allen vorherigen WM = 3,7 N = Periode starker deutscher WM-Teams = 4,5 Pi = Kreiszahl = 3,14 cos = Cosinusfunktion
Wenn man sich die Platzierung des deutschen Teams seit 1934 anschaut, dann fällt auf, dass es ein regelmäßiges Auf und Ab gab. Tiefpunkte waren 1938, 1962, 1978 und 1998, als die Mannschaft spätestens im Viertelfinale oder der Zwischenrunde ausschied. Höhepunkte waren die Titel 1954, 1974 und 1990. Fazit: Alle vier bis fünf WM-Endrunden landeten die deutschen Kicker also ganz oben - und demnach wäre 2010 wieder ein Titel fällig. "Die Mathematik ist da absolut unbestechlich und kann nicht lügen", schreibt Tolan augenzwinkernd in seinem ansonsten durchaus ernstgemeinten Buch
"So werden wir Weltmeister".
Falls es doch nicht klappen sollte, hier schon mal eine Formel für 2014: Man nehme das Jahr des vorletzten Gewinns, also 1974, und addiere dazu die Quersummen des letzten Siegjahres (1990=19) und des vorletzten (1974=21). Das Ergebnis lässt hoffen:
WM 1954: Kapitän Fritz Walter (Mitte) und Trainer Sepp Herberger (rechts) werden in Bern nach dem Finalsieg von begeisterten Anhängern auf den Schultern getragen.
Foto: A009 dpa/ dpa
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WM 1974: Bärtige Männer mit langen Haaren jubeln. Paul Breitner hat gerade ein Tor im Finale gegen die Niederlande geschossen. Am Ende gewinnen die Deutschen mit 2:1.
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WM 1990: Die deutsche Nationalmannschaft besiegt Argentinien mit 1:0 und gewinnt zum dritten Mal die Weltmeisterschaft.
Foto: picture-alliance / dpa
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WM 2010: Das deutsche Team feiert das 1:0 gegen Australien. Laut der Formel 1990+1974-1954 = 2010 müsste die Mannschaft in diesem Jahr Weltmeister werden.
12 BilderWirbel und Nähte: Die Physik des Fußballs
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Modell "Telstar" von der WM 1974: Der Ball hat den klassischen Aufbau aus zwölf Fünfecken und 20 Sechsecken.
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WM-Ball "Jabulani" von 2010: "Ein guter Kompromiss aus trendigem Design und guten Flugeigenschaften."
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Aufbau des Balls: Acht Panels aus Plastik bilden die Oberfläche.
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"Jabulani" im Windkanal: "Es ist offensichtlich, dass Fußbälle flattern."
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Ball für Südafrika: Der Ball kann, je nachdem wie man ihn dreht, auf linker und rechter Seite verschiedene "Gesichter" haben.
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"Europass" aus dem Jahr 2008: "Der Ball ist wirklich unberechenbar. Wir werden viele Tore aus 30 Metern sehen", sagte Tschechiens Torhüter Petr Cech.
Foto: A9999 DB Adidas/ dpa
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"Teamgeist" von der WM 2006: Torhüter klagten schon vor vier Jahren über die schwer auszurechnende Flugbahn der neuen Ballgeneration.
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"Tricolore" (1998): Das Modell war der erste farbige Ball, der bei einer WM zum Einsatz kam.
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"Questra" (1994): Fünfecke und Sechsecke - das waren über Jahrzehnte die Bausteine für einen Fußball. Der Ball bestand aus fünf verschiedenen Materialien, ganz außen aus widerstandsfähigem, aber nachgiebigem Polyurethan.
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"Etrusco Unico" (1990): Eine Schicht aus Latex sorgte laut Adidas für die nötige Stabilität und Reissfestigkeit, eine aus Neopren für optimalen Wasserschutz und die äußere Hülle aus Polyurethan für möglichst wenig Abrieb.
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"Azteca" (1986): Klassisch aufgebaute Fußbälle neigen weniger zum Flattern, denn sie haben mehr Nähte.
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"Tango" (1978): Mit dem Modell begann das Zeitalter der synthetischen Bälle. Zwar bestand der Ball noch immer weitgehend aus Leder, er verfügte aber über eine wasserabstoßende Polyurethanschicht.