Doping Neuer Test soll Eigenblut-Betrüger überführen
Schon seit Monaten tüftelt Walter Schmidt, Sportmediziner und Professor an der Bayreuther Universität, mit seinen Kollegen an einem neuartigen Blutdoping-Test. Das Verfahren, das mittlerweile bereits 3000 Mal getestet wurde, könnte Manipulationen, wie zuletzt offenbar beim Giro d'Italia im großen Maßstab geschehen, deutlich erschweren.
Schmidt glaubt, damit Doping-Sünder eindeutig überführen zu können. Bisherige Verfahren, wie die Messung des Hämatokrit-Werts (Zellanteil am Blutvolumen) oder die Messung der Hämoglobin-Konzentration (roter Blutfarbstoff) sind prinzipiell kaum geeignet, um Blutdoper zu überführen.
Beispielsweise kann ein Athlet vor einem Test viel trinken. So wird das Blut verdünnt, der Anteil roter Blutkörperchen sinkt dadurch in einen unauffällig normalen Bereich. Umgekehrt kann ein Sportler, der nicht getrickst, aber zu wenig getrunken hat, wegen überhöhter Hämatokrit-Werte schnell unter Dopingverdacht geraten.
Schmidt misst deshalb mit Hilfe des sogenannten Spirometers die absolute Hämoglobinmenge von Sportlern. "Wir wissen, dass dieser Wert bei einem Menschen das ganze Jahr über relativ konstant ist", sagte er im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. "Wenn der Wert an einem Tag plötzlich um hundert Gramm nach oben geht, dann wissen wir, dass da etwas nicht stimmt."
Ausdauersportler versuchen, die Menge roter Blutkörperchen zu erhöhen, damit mehr Sauerstoff zu den Muskeln gelangt und diese bei extremer Belastung nicht übersäuern. Neben Dopingmitteln wie Epo nutzen Betrüger dabei auch ihr eigenes Blut. Dieses wird entnommen, die roten Blutkörperchen werden herausgefiltert und vor einem wichtigen Wettkampf wieder injiziert.
Test mit Kohlenmonoxid
"Wir messen, wie viel Hämoglobin im Körper ist", sagte Schmidt. "Das ist die Größe, die manipuliert wird." Die Hämoglobinmenge schwanke von Mensch zu Mensch und hänge auch vom Trainingszustand ab. Ein unsportlicher Mann von 1,80 Meter Größe verfügt laut Schmidt über rund 700 Gramm Hämoglobin, bei einem gleich großen Radprofi seien es 1200 Gramm. Um Zweifel an der neuen Methode auszuräumen, will der Sportmediziner in weiteren Untersuchungen feststellen, welche Faktoren die Hämoglobinmenge bei einem Menschen variieren lassen.
Bei ihrer Messmethode nutzen Schmidt und seine Kollegin Nicole Prommer die Tatsache aus, dass rote Blutkörperchen Kohlenmonoxid (CO) binden. Sportlern wird vor dem Test Blut abgenommen. Anschließend müssen sie über ein Atemgerät eine kleine Menge CO einatmen - kombiniert mit Sauerstoff.
Sechs Minuten und acht Minuten nach dem Einatmen des Kohlenmonoxids werden zwei weitere Blutproben genommen. Aus der Differenz der Blutwerte vor und nach der CO-Probe können die Wissenschaftler die absolute Hämoglobinmenge des untersuchten Sportlers berechnen. Nach Schmidts Angaben arbeitet das Verfahren genau genug, um Manipulationen zu erkennen. Die Variation liege bei zwei Prozent.
Ergebnis steht nach 15 Minuten fest
Insgesamt dauert der Test rund eine Viertelstunde - inklusive Ermittlung des Ergebnisses. Sportler müssen allerdings mehrmals pro Jahr so getestet werden, damit die individuelle Hämoglobinmenge zuverlässig bestimmt ist. Der Test ist laut Schmidt vollkommen ungefährlich, weil nur eine geringe Menge des giftigen Kohlenmonoxids eingeatmet wird.
Die Weltdopingagentur Wada unterstützt die Entwicklung des neuen Verfahrens mit knapp 300.000 Euro. Anfang August hatte der Bund Deutscher Radfahrer beschlossen, seine Leistungssportler künftig wesentlich genauer zu überwachen - auch mit Blut- und DNA-Profilen nach gleichen Standards über einen längeren Zeitraum hinweg.
Auslöser war der Doping-Skandal um den spanischen Arzt Eufemiano Fuentes, der zur Sperrung Dutzender Fahrer für die diesjährige Tour de France geführt hatte, darunter auch der Favoriten Jan Ullrich und Ivan Basso. Spanische Ermittler hatten bei Fuentes Dopingmittel und Hunderte Blutbeutel gefunden - und deutliche Indizien für ein ausgefeiltes Doping-System, bei dem Radprofis sich vor schwierigen Etappen offensichtlich Eigenblut injizieren ließen.
T-Mobile setzt auf Bayreuther Doping-Test
Jan Ullrich ist mittlerweile nicht mehr bei T-Mobile beschäftigt, der Rennstall hatte ihm wegen der Doping-Affäre gekündigt. Ullrich betont nach wie vor, er sei unschuldig. Mittlerweile wurden Strafanzeigen gegen ihn erstattet - die Staatsanwaltschaft ermittelt.
T-Mobile wird den neuen Blutdopingtest im eigenen Team anwenden. "Wir haben uns bereit erklärt, unsere Fahrer daran teilnehmen zu lassen", sagte Sprecher Christian Frommert SPIEGEL ONLINE. Die Fahrer sollten fünf bis sechs Mal pro Jahr kontrolliert werden. Das Verfahren habe auch den Bund Deutscher Radfahrer überzeugt, erklärte Frommert, dieser wolle es auch zur Pflicht machen. Details zum neuen Blutdoping-Test will T-Mobile Ende September vorstellen.