Druck auf Stromkonzerne Bund will CO2-Zertifikate versteigern
Den Handel mit Verschmutzungsrechten halten viele Experten für einen vielversprechenden Weg, um die CO2-Emissionen mittelfristig senken zu können. Das Konzept ist in der Tat bestechend: Wer CO2 einspart, muss weniger Zertifikate kaufen oder kann seine eigenen verkaufen. Der Markt erzwingt ökologisches Handeln - zumindest in der Theorie.
Die Praxis sieht freilich anders aus. Die innovative Waffe gegen den Klimawandel erweist sich als wirkungslos. Der Grund: Die europäischen Regierungen haben die Verschmutzungsrechte großzügig verteilt, um die Industrie keinesfalls übermäßig zu belasten. Der EU-weite Emissionshandel ist mittlerweile regelrecht kollabiert, die Preise sind im Keller. Am heutigen Donnerstag kostete das Recht, einer Tonne CO2 in die Atmosphäre zu blasen, an der Leipziger Strombörse EEX gerade mal 23 Cent. Die Zertifikate für 2008, die ebenfalls gehandelt werden, sind deutlich teurer: Für eine Tonne CO2 müssen mindestens 23 Euro bezahlt werden.
Das Bundesumweltministerium will dem darnieder liegenden Zertifikatehandel nun offenbar neues Leben einhauchen. Ab 2008 sollen jährlich 40 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Verschmutzungsrechte versteigert werden. Treffen würde dies in erster Linie die Stromversorger, deren bislang kostenlose Zuteilung von Rechten entsprechend um 14 Prozent gekürzt würde, heißt es in einem Papier aus dem Umweltressort, das der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt.
Die übrige Industrie, die ebenfalls in den Handel mit Verschmutzungsrechten einbezogen wird, soll die Zuteilungen weiter kostenlos erhalten. Die erwarteten milliardenschweren Einnahmen sollen danach ausschließlich für den Klimaschutz verwendet werden. Dies sei aus rechtlichen Gründen nicht anders möglich.
Nächste Strompreiserhöhung programmiert?
Die Versteigerung von 40 Millionen Tonnen entspräche 8,8 Prozent der gesamten Zuteilungsmenge für Industrie und Versorger von 453 Millionen Tonnen jährlich. Die EU-Regelung erlaubt bis zu zehn Prozent.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel hatte sich lange gegen eine Versteigerung ausgesprochen, da die Kosten von den Versorgern auf den Strompreis umgelegt werden können. Zuletzt sprach er sich aber dafür aus, ebenso wie die Fraktionen von SPD und Union.
Der Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) warnte vor einer Benachteiligung deutscher Unternehmen durch die Versteigerung. Diese werde zudem Auswirkungen auf die Strompreise haben. Der Zertifikatspreis wird von den Unternehmen auf die Stromtarife aufgeschlagen.
In dem Papier des Umweltministeriums wird davon ausgegangen, dass die Wirtschaft die Verfassungsmäßigkeit der Versteigerung in Zweifel ziehen und daher das Bundesverfassungsgericht anrufen werde. Um die Versteigerung rechtlich abzusichern, sei es daher nötig, die Einnahmen für den Klimaschutz zu verwenden. Als Beispiele werden die Verbesserung von Energieeffizienz und Energiesparen genannt. Auch Forschung und Entwicklung auf diesen Gebieten kämen dafür in Frage, heißt es in dem Papier.
hda/rtr