

Sydney - Er sollte Passagieren und Crew des Forschungsschiffs "Akademik Shokalskiy" zu Hilfe kommen - jetzt steckt der chinesische Eisbrecher "Schneedrache" selbst in der Antarktis fest. Die Besatzung habe sich am Freitag gemeldet und Bedenken geäußert, ob das Schiff sich aus eigener Kraft befreien könne, teilte die australische Seesicherheitsbehörde Amsa mit. "Wir haben seit gestern keine Bewegung gesehen", sagte ein Sprecher.
Die "Schneedrache" ("Xue Long") war ursprünglich zu dem seit Weihnachten im Packeis festsitzenden Forschungsschiff entsandt worden, hatte den Rettungsversuch aber aus Sicherheitsgründen zunächst abbrechen müssen. Schließlich nahm ein auf dem Schiff stationierter Hubschrauber die Passagiere der "Shokalskiy" auf und transportierte sie zu einem weiteren Eisbrecher, der "Aurora Australis".
Ausgerechnet dieses unter australischer Flagge fahrende Schiff alarmierte die Amsa jetzt für einen möglichen Rettungseinsatz, um der "Schneedrache" zu Hilfe zu kommen. Die "Aurora" solle in der Nähe bleiben, heißt es in einer entsprechenden Mitteilung. Gefahr für die Besatzung des chinesischen Schiffs bestehe nicht.
Reise endet nicht vor Mitte Januar
Ohnehin müssen die 52 geretteten Expeditionsteilnehmer an Bord der "Aurora Australis" damit rechnen, noch mindestens zwei Wochen unterwegs zu sein. Der Eisbrecher muss laut Amsa noch Material an der australischen Casey-Forschungsstation abliefern. Erst danach fährt das Schiff zurück nach Hobart auf der australischen Insel Tasmanien. "Wir erwarten es nicht vor Mitte Januar in Hobart", sagte John Young, der Leiter des Amsa-Rettungsdienstes in Canberra.
"Alle Passagiere sind wohlauf. Sie sind erleichtert, dass sie aus der Situation befreit wurden", sagte Young. "Es sind wohl auch ein paar Tränen geflossen." Passagiere beschrieben die Rettung im Gespräch mit australischen Medien als nervenaufreibend. Der Hubschrauber der "Schneedrache" hatte die Leute vom Eis in der Nähe ihres festsitzenden Forschungsschiffs abgeholt und auf einer Eisscholle vor der "Aurora" abgesetzt.
Die 22-köpfige Crew der "Shokalskiy" blieb an Bord. "Sie haben Vorräte für 40 Tage", sagte Young. Wann das Schiff freikomme, sei nicht vorhersehbar: "Es könnte da noch für einige Wochen festsitzen."
Zu den Kosten der Rettungsaktion wollte Young keine Schätzungen abgeben. Schiffe seien verpflichtet, bei Notsignalen anderer zu Hilfe zu eilen und müssten die Kosten tragen oder an Versicherer weiterreichen. An seiner Behörde blieben lediglich "ein paar tausend Dollar" hängen. Die Amsa sei finanziell entsprechend ausgestattet und werde keine Ansprüche auf Erstattung stellen. "Der Großteil der Kosten wird von den beteiligten Schiffen getragen", sagte er.
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Chinesischer Eisbrecher "Schneedrache": "Wir haben seit gestern keine Bewegung gesehen", sagte ein Sprecher der australischen Seesicherheitsbehörde Amsa.
Aus der Sicht der "Aurora Australis": Hier befinden sich zurzeit die Passagiere des Forschungsschiffs "Akademik Shokalskiy". Die "Aurora" soll weiter in der Nähe bleiben.
Evakuierung per Hubschrauber: Am Donnerstagmorgen brachte der Hubschrauber des chinesischen Eisbrechers "Schneedrache" die eingeschlossenen Expeditionsteilnehmer zum australischen Eisbrecher.
Aufbruch: Forscher, Journalisten und Touristen warten auf ihren Flug zur "Aurora Australis". Noch am frühen Donnerstagmorgen war unklar, ob Wetter und Eisdicke eine Evakuierung auf dem Luftweg zulassen.
Expeditionsleiter Chris Turney twitterte schließlich: "Der chinesische Hubschrauber ist da, wir werden hundertprozentig abgeholt."
Festgefroren: Nur die 22 Besatzungsmitglieder des russischen Forschungsschiffs bleiben an Bord, bis das Eis gebrochen und das Schiff wieder manövrierfähig ist.
Eisbrecher "Aurora Australis": Der Betrieb des Schiffs kostet pro Tag schätzungsweise 40.000 Euro.
Auf Expedition: Auf der "Shokalskiy" harrten 74 Menschen eine Woche lang aus - Touristen, Forscher und die Besatzung.
Passagiere der MV "Akademik Shokalskiy" blicken auf ihr festgefahrenes Schiff (Aufnahme vom 30. Dezember): Mehrfach waren Rettungsversuche am Wetter gescheitert.
Spaß an Bord: Die Zeit an Bord vertrieben sich die Passagiere mit Gesangseinlagen und Yoga, andere brachten sich gegenseitig Nähen und Salsa bei.
Tierischer Besuch: Die "Akademik Shokalskiy" ist ein für kommerzielle Polarfahrten ausgebautes russisches Expeditionsschiff.
Wissenschaftler bereiteten einen Landeplatz für den Hubschrauber vor, der die Passagiere zum Schiff "Snow Dragon" bringen soll. Von dort aus sollen sie per Boot zum vier Kilometer entfernten australischen Eisbrecher "Aurora Australis" gebracht werden.
Auf der "Akademik Shokalskiy" herrschte trotz der Hängepartie gelöste Stimmung. Den Landeplatz für den Hubschrauber stampften die Passagiere an Silvester gemeinsam in den Schnee.
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