Evolutionäres Erbe Abenteuerlust wird vom Gehirn belohnt

Autopilot gegen Langeweile: Hirnforscher haben herausgefunden, dass Abenteuerlust und die Suche nach neuen Erfahrungen tief in unserem Gehirn verankert sind. Doch die Neugierde birgt weiterhin eine Menge Geheimnisse.

Cambridge - Abenteuerlust ist tief in unserem Gehirn verdrahtet. Dort sorgt ein Belohnungsmechanismus dafür, dass die Wahl auch immer einmal auf das Neue, Unbekannte fällt, wenn ein Mensch sich zwischen Handlungen mit bekanntem oder unbekanntem Ausgang entscheiden muss. Das haben britische Forscher um Bianca Wittmann vom University College London mit Hilfe von Gehirnscans an Testpersonen herausgefunden.

Die Wissenschaftler zeigten 15 Testpersonen eine Reihe von Landschaftsbildern auf einem Bildschirm. Wenn die Probanden auf die Bilder klickten, erfuhren sie, ob sie ein Britisches Pfund gewonnen hatten oder nicht. 32 Bilder und der damit verbundene Preis waren den Testpersonen schon vor dem Spiel bekannt. Der mit 32 weiteren Bildern verbundene Gewinn war zunächst unbekannt. Die Mitspieler klickten während des Spiels auch immer auf die neuen Bilder, wobei die Forscher mit der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRI) den Gehirnen bei der Arbeit zusahen.

Immer wenn sich die Probanden in einem Spiel auf etwas Neues einließen, war eine bestimmte Hirnregion aktiv, die in Verbindung mit dem Belohnungszentrum des Gehirns steht, wie die Forscher im Fachmagazin "Neuron" schreiben. Bei der Wahl neuer Optionen im Spiel stieg die Aktivität in einem bestimmten Bereich des vorderen Großhirns an. Es handelt sich um ein Areal, das entwicklungsgeschichtlich sehr alt ist. Prozesse, die dort ablaufen, seien daher für Menschen wie auch für Tiere besonders wichtig.

Marketing-Experten haben sich dieses Verhaltensmuster von Menschen längst zu Eigen gemacht, indem sie immer wieder alten Wein in neue Schläuche füllen: Oft reiche eine neue Verpackung, um das Käuferinteresse an einem alten Produkt wieder anzuregen, erläutert Wittmann. Mittlerweile nutzen die Werber selbst Hirnscan-Technik, um den Konsumenten in die Köpfe zu schauen.

Die Wissenschaftler vermuten, dass das Belohnungssystem immer dann aktiviert wird, wenn Menschen oder Tiere Neues ausprobieren. Das Gehirn verspricht somit einen Bonus immer dann, wenn die Wahl auf Neues fällt. In der Entwicklung von Mensch und Tier könne sich dieses Verhalten auszahlen, schreiben die Forscher.

Nur durch ständiges abenteuerlustiges Ausprobieren könnten neue Nahrungsquellen oder Lebensräume erschlossen werden. Die Wissenschaftler konnten zwar diese Form der Neugierde als Flackern im Gehirn ausfindig machen; die konkreten Stoffwechselvorgänge, die damit verbunden sind, konnten sie aber noch nicht benennen.

chs/ddp

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