Thementag Fleisch Kein Fleisch ist auch keine Lösung
Es wird kein Veggie Day werden. Denn es geht nicht darum, Sie zu Vegetariern zu bekehren; das sind wir selbst größtenteils auch nicht. Vielmehr treibt uns um: Wie können wir unseren Fleischkonsum nachhaltiger gestalten?
Diese Frage müssen wir alle uns stellen. Denn immer mehr Menschen essen immer mehr Fleisch. In den vergangenen 50 Jahren hat sich die Weltbevölkerung verdoppelt - und die globale Fleischproduktion sogar verdreifacht. Bis 2050 könnte der Fleischkonsum noch einmal um 85 Prozent wachsen, warnt die Uno. Das wird zu viel für unseren Planeten. Jedenfalls dann, wenn wir Fleisch wie bisher produzieren und verzehren.
Schon jetzt werden sie knapp, die Weiden und Äcker. Mehr als drei Viertel des Agrarlandes auf der Erde dienen der Herstellung tierischer Produkte - obwohl Fleisch, Milch und Co. nur gut ein Sechstel des globalen Kalorienbedarfs decken. Regenwälder werden für den Anbau von Soja abgeholzt, immer mehr Ackerfläche geht für Futtermittel drauf. Fast 15 Prozent aller weltweiten Treibhausgasemissionen stammen laut Uno aus der Haltung und Verarbeitung von Tieren.
Zu den weiteren Nebenwirkungen des Fleischbooms zählen: Überdüngung, Pestizid-Verschmutzung, Wasserknappheit, die Verbreitung von Seuchen, Tierquälerei. Und Übergewicht bei vielen menschlichen Konsumenten, mit allen erdenklichen Krankheiten, die daraus resultieren können.
Andererseits ist Fleisch ein Genuss. Es ist Teil unserer Kultur, seit Jahrtausenden. Und es kann auch eine wertvolle Proteinquelle sein. Eiweiß aus tierischen Produkten ist für den Menschen oft leichter verwertbar als pflanzliches Eiweiß. Ohne diese tierischen Proteine hätte sich der Mensch möglicherweise nicht zum Homo sapiens fortentwickeln können. Die Zahl der Vegetarier wächst zwar, aber noch immer ernähren sich nur etwa 2,5 Prozent der Männer und 6 Prozent der Frauen in Deutschland fleischlos.

Tatsächlich kommt es auf das richtige Maß an. Und das haben viele von uns aus den Augen verloren, wenn wir mehrmals täglich Fleischprodukte essen. An die 60 Kilo Fleisch und Wurst verzehren die Deutschen pro Kopf und Jahr; Männer oft noch viel mehr. Das macht mehr als 1100 Gramm pro Woche. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung DGE empfiehlt dagegen 300 bis 600 Gramm. Auch diese Menge würde immer noch für drei Fleischmahlzeiten reichen. Und unsere Vorfahren hatten selten öfter als dreimal pro Woche Tier auf dem Teller. Noch bis vor wenigen Jahrzehnten waren Fleischprodukte schlicht zu rar und zu teuer, um sie täglich zu essen.
Heute sind Fleisch und Wurst oft spottbillig zu haben. Wenn sie in industrieller Massenproduktion hergestellt sind, können sie beim Discounter pro Kilo manchmal sogar weniger kosten als hochwertiges Brot. Wie kann das gehen? Der pensionierte Lebensmittelkontrolleur und Metzgermeister Franz Josef Voll verrät die Tricks der Fleischkonzerne - und gewährt einen Einblick in die Abgründe der Wurstherstellung:
Voll kauft seine Wurst nie im Supermarkt. Er stellt sie selbst her. Auch Joachim Domnik und sein Sohn Mark produzieren ihre eigene Wurst - mit dem Unterschied, dass sie das Tier zuvor auch selbst erlegt haben. Mehr Bio geht nicht, sagen die beiden Jäger. Wann immer sie können, gehen sie raus, um die Natur zu genießen. Und ja: auch, um Tiere zu töten und sie zu Nahrungsmitteln zu verarbeiten. Wir waren mit Vater und Sohn einen Tag lang unterwegs - auf dem Hochsitz und in der Wurstküche:
"Wenn Schlachthöfe Fenster hätten, wären wir alle Vegetarier", hat Paul McCartney einmal gesagt. Unser Reporter Philipp Löwe isst zu Weihnachten gerne Gänsebraten. Dann müsste er den Vogel aber eigentlich auch selbst schlachten können, oder? Wir haben ihn bei diesem Experiment mit der Kamera begleitet:
Fleisch essen und Tiere töten - bislang ist beides untrennbar miteinander verbunden. Einige Wissenschaftler wollen das ändern. Mit Hilfe millionenschwerer Geldgeber züchten sie Fleischfasern im Labor oder entwickeln täuschend echtes Quasi-Fleisch aus pflanzlichen Proteinen, das sogar Veganer ohne Reue verspeisen können. Nur so könne die Fleischversorgung dauerhaft funktionieren, meint der Schöpfer des ersten In-Vitro-Burgers, Mark Post.
Oliver Murzin kennt die Probleme, die mit Fleisch einhergehen. Trotzdem liebt der Chef de Cuisine des Hamburger Steakhouses "Mash" Fleisch. Für Sie kocht er ein dreigängiges Rindfleisch-Weihnachtsmenü: mit Tatar, Dry Age Ribeye Steak und dem ebenso begehrten wie sündhaft teuren Kobe-Beef. Die Rezepte und eine Anleitung im Video finden Sie hier.