Forscher Atlantis lag vor Gibraltar
Mit seiner Beschreibung der utopisch anmutenden Stadt Atlantis hat der griechische Philosoph Platon den heutigen Wissenschaftlern eine harte Nuss geliefert. Existierte die sagenumwobene Stadt überhaupt? Und wenn ja, wo sind die unermesslichen Reichtümer der Zivilisation versunken?
Seit Jahrzehnten versuchen Forscher, das Geheimnis von Atlantis zu erkunden, bemühen mitunter sogar gewaltige Verschiebungen in der Erdkruste oder schlichtweg Außerirdische. Der französische Forscher Jacques Collina-Girard hat dagegen einen weitaus direkteren Weg eingeschlagen: Der Anthropologe von der südfranzösischen Université de la Méditerranée hat die Küstenlinien vor mehr als zehntausend Jahren berechnet - der Zeit, als Atlantis der Sage zufolge unterging.
Eigentlich hätten Collina-Girards Nachforschungen, so das britische Wissenschaftsmagazin "New Scientist", zunächst gar keinen Bezug zu Atlantis gehabt. Der Franzose wollte einfach wissen, ob Menschen zum Höhepunkt der letzten Eiszeit, etwa 19.000 Jahre vor Christus, problemlos von Europa nach Afrika migrieren konnten. Also berechnete Collina-Girard die Küstenlinie rund um Gibraltar für einen - verglichen mit heute - 130 Meter abgesenkten Meeresspiegel.
Das Ergebnis war überraschend: Inmitten der heutigen Meerenge schälte sich ein Archipel aus den Fluten. Genau vor den von Platon beschriebenen "Säulen des Herkules" fand sich mit Spartel eine Insel, die verdächtig stark an die Atlantis-Geschichte des berühmten Philosophen erinnert. Sogar der Zeitpunkt der Zerstörung könnte stimmen: Vor rund 11.000 Jahren stieg der Meeresspiegel so stark an (um zwei Meter in 100 Jahren), dass Spartel im Meer versank.
Doch nicht alle Details scheinen sich mit Platons Geschichte zu decken. So berichtet der Philosoph, Atlantis sei größer als Libyen und Asien zusammen gewesen - in Collina-Girards Augen wahrscheinlich ein Umrechnungsfehler bei der Verarbeitung der ägyptischen Maßangaben aus der ursprünglichen Geschichte. Spartel jedenfalls war zu diesem Zeitpunkt nur 14 Kilometer lang und fünf Kilometer breit.
Platon berichtet zudem, dass Atlantis durch vulkanische Aktivitäten zerstört wurde, doch auch hiervon lässt sich Collina-Girard nicht unbedingt beeindrucken. Möglicherweise sei die Geschichte, die 9000 Jahre nach dem Ereignis von den Ägyptern an die Griechen weitergegeben wurde, im Lauf der Zeit einfach etwas dramatisiert worden. Für die mit Vulkanismus vertrauten Griechen sei ein Ende mit Schrecken womöglich einfach plausibler gewesen.