Gedanken steuern Roboter Kommandos aus dem Affenhirn
Als der Affe plötzlich seinen Arm sinken ließ, wusste Miguel Nicolelis, dass er es geschafft hatte. Stundenlang hatte Aurora mit einem Joystick einen Roboterarm gesteuert. Dann ließ der Rhesusaffe los - und bewegte den metallenen Greifer weiter wie seinen eigenen Arm, nur mit der Kraft seiner Gedanken.
Über Dutzende Elektroden war das Affenhirn mit einem Computer verbunden, während Aurora mit dem Joystick hantierte. "Plötzlich fand der Affe heraus, dass er seinen Arm nicht mehr zu bewegen brauchte", sagte Miguel Nicolelis, Mediziner an der amerikanischen Duke University in Durham. "Seine Armmuskeln kamen vollständig zur Ruhe, und er benutzte nur noch seine Augen und sein Gehirn zur Steuerung des Roboterarms."
Affen lassen eigenen Arm ruhen
Schon in früheren Experimenten war es Nicolelis gelungen, Affen mit einem Computer zu verkabeln und Maschinen bewegen zu lassen. Allerdings kopierten die Geräte lediglich die echten Körperbewegungen der Tiere. Dass ein Affe seinen fleischlichen Arm aber nicht mehr benutzte und ihn gleichsam durch ein künstliches Pendant ersetzte, war ein Novum - und lässt die Forscher hoffen, dass Menschen ähnliches gelingen könnte. Schon schwärmen die Wissenschaftler von völlig neuen Möglichkeiten bei der Entwicklung künstlicher Gliedmaßen.
Wie Nicolelis und seine Kollegen im Fachblatt "Public Library of Science" berichten, implantierten sie 96 bzw. 320 winzige Elektroden in die Stirn- und Scheitellappen der Gehirne zweier Affen. Zunächst jagten die beiden Tiere in einem Computerspiel einen Cursor über den Bildschirm. Später wurden die Signale aus den Affenhirnen zur Steuerung des Roboterarms übersetzt. "Die Affen korrigierten ihre Fehler eigenständig und erreichten einen hohen Grad von Geschicklichkeit", erklärte Nicolelis. "Allein mit Hilfe ihrer Hirnaktivität konnten sie greifen und zupacken."
Forschung am Menschen hat begonnen
Da die so genannte Hirn-Maschine-Schnittstelle (Brain-Machine Interface, BMI) bei den Tieren so gut funktioniere, sei eine Übertragung auf den Menschen sehr wahrscheinlich, meint der Mediziner. Sein Team habe bereits die Arbeit mit einer kleinen Gruppe von Patienten aufgenommen. Ergebnisse könne er noch nicht verkünden, sagte Nicolelis der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir hoffen aber, dass das Gehirn sich den Geräten anpasst und sie behandelt wie eigene Gliedmaßen des Patienten."
Bis die entsprechenden Maschinen klein genug für den Alltagseinsatz seien, bleibe aber noch viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu tun. "Die bisherigen Ergebnisse lassen uns glauben, dass diese Hirn-Maschine-Schnittstellen enorm viel versprechend sind, um Gelähmten wieder Bewegungsmöglichkeiten zu verschaffen."