Geleakter Teil des IPCC-Berichts Die reichsten zehn Prozent verursachen mehr als ein Drittel der Treibhausgase

Eine kleine Gruppe von Forschern hat den Entwurf für den dritten Teil des Weltklimarat-Reports geleakt. Daraus geht hervor: Verantwortlich für den Großteil der Emissionen sind vergleichsweise wenige Menschen.
Fabrik in den USA: Der Ausstoß schädlicher Klimagase verteilt sich nicht gleichmäßig über die Welt

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Foto: Kevin Schafer / Getty Images

Eigentlich soll der dritte Teil des neuen IPCC-Berichts erst im März 2022 erscheinen. Doch eine kleine Gruppe von Wissenschaftlern hat den Entwurf nun veröffentlicht – über den spanischen Zweig der Scientist Rebellion , einem Ableger der Bewegung Extinction Rebellion. Das berichtet der britische »Guardian« . Zuerst machte demnach der Journalist Juan Bordera den Entwurf im spanischen Onlinemagazin CTXT  öffentlich.

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Das Papier enthält unter anderem Angaben dazu, welcher Teil der Weltbevölkerung für wie viele Treibhausgasemissionen verantwortlich ist: Reiche Menschen tragen überproportional viel zur globalen Erwärmung bei.

Ganz konkret verursachten die zehn reichsten Prozent der Menschheit nach Angaben der Forscher 36 bis 45 Prozent der weltweiten Emissionen. Das sei zehnmal so viel wie der Beitrag der ärmsten zehn Prozent. Dieses Zehntel der Weltbevölkerung habe lediglich drei bis fünf Prozent zu verantworten.

Ein Hundertstel der Menschheit verursacht die Hälfte der Emissionen aus der Luftfahrt

In der Zusammenfassung des Berichts heißt es: »Die Konsummuster von Verbrauchern mit höherem Einkommen sind mit einem großen Kohlenstoff-Fußabdruck verbunden. Die Spitzenemittenten dominieren die Emissionen in Schlüsselsektoren, so sind beispielsweise die oberen 1 Prozent für 50 Prozent der Emissionen aus dem Luftverkehr verantwortlich.«

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Vor allem der Lebensstil reicher Menschen in reichen Ländern trage zur Erderwärmung bei: Um die erforderlichen Emissionssenkungen zu erreichen, müssten übermäßiges Heizen oder Kühlen von Häusern eingeschränkt werden. Menschen müssten häufiger zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren und weniger fliegen. Auch ein sparsamerer Umgang mit energieverbrauchenden Geräten könne dem Bericht zufolge einen wichtigen Unterschied machen.

Eine pflanzliche Ernährung verursacht nur halb so viele Emissionen

Auch die Essgewohnheiten in vielen Teilen der reichen Welt müssten sich ändern. Dazu heißt es in dem Entwurf: »Eine Umstellung auf eine Ernährung mit einem höheren Anteil an pflanzlichem Eiweiß in Regionen mit übermäßigem Verbrauch von Kalorien und tierischen Lebensmitteln  kann zu einer erheblichen Verringerung der Emissionen führen und gleichzeitig gesundheitliche Vorteile bieten.« Im Vergleich mit einer »durchschnittlichen emissionsintensiven westlichen Ernährung« könnte eine pflanzliche Ernährung die Emissionen um bis zu 50 Prozent verringern, heißt es weiter.

Der dritte Teil des IPCC-Berichts hält auch fest: Die nächsten zehn Jahre seien entscheidend dafür, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.

Mehr Geld ist nötig, um die Krise zu bekämpfen

Dafür seien Investitionen erforderlich. Dem Bericht zufolge liegen die derzeitigen Ausgaben »um das Fünffache« unter dem Bedarf, um die Erwärmung auf die obere Grenze von zwei Grad Celsius zu begrenzen. Im Jahr 2018 seien etwa 546 Milliarden Dollar ausgegeben worden, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu senken und die Widerstandsfähigkeit gegen die Auswirkungen der Klimakrise zu erhöhen.

Technologien zur Speicherung von Kohlendioxid sind dem Bericht zufolge noch nicht weit genug fortgeschritten, um eine wichtige Rolle zu spielen. Technologien, mit deren Hilfe Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre entfernt werden kann, wären allerdings mit ziemlicher Sicherheit erforderlich, um die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

Viel Zeit bleibe für diese Schritte nicht mehr: Um einen Zusammenbruch des Weltklimas zu verhindern, müssten die weltweiten Treibhausgasemissionen in den nächsten vier Jahren ihren Höhepunkt erreichen – spätestens ab 2025 müssten die Emissionen sinken. Kohle- und Gaskraftwerke müssen im nächsten Jahrzehnt geschlossen werden. Und Milliarden Menschen müssten ihren Lebensstil ändern.

Grund für den Leak sei die Sorge vor einer »Verwässerung« der Ergebnisse

Wie kam es zu dem Leak? Der Journalist Bordera sagte dazu dem »Guardian«: Einige der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an der Ausarbeitung des IPCC-Berichts beteiligt waren, seien besorgt, dass ihre Schlussfolgerungen vor der Veröffentlichung im Jahr 2022 verwässert werden könnten. Regierungen hätten nämlich das Recht, Änderungen an der »Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger« vorzunehmen.

Vom IPCC, dem Intergovernmental Panel on Climate Change, hieß es, man kommentiere keine Indiskretionen. Der Zweck des Entwurfsprozesses sei es, den Wissenschaftlern und Forscherinnen Zeit und Ruhe zu geben, um ihre Einschätzung ohne externe Kommentare zu entwickeln.

Der IPCC, der auch Weltklimarat genannt wird, hatte am Montag den ersten von drei Teilen eines neuen Berichts zur Klimakrise veröffentlicht. Dieser Teilreport warnt deutlich vor noch nie dagewesenen, zum Teil unumkehrbaren Veränderungen des Klimas. Vor allem werden die physikalischen Grundlagen des Klimawandels beschrieben. Im zweiten Teil sollen die Auswirkungen näher betrachtet werden, der dritte Teil soll sich auf die Möglichkeiten zur Verringerung des menschlichen Einflusses auf das Klima konzentrieren.

vki
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