Gen-Experiment Sachsen-Anhalt sät manipulierten Weizen
Es ist der bundesweit erste Freilandversuch mit gentechnisch verändertem Weizen: Am heutigen Dienstag begann der Schweizer Saatgut-Konzern Syngenta auf einem Versuchsfeld in Sachsen-Anhalt mit der Aussaat des manipulierten Getreides, das nach Firmenangaben einen verstärkten Schutz gegen Pilzbefall besitzen soll.
Das Experiment, das zu Monatsbeginn vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit genehmigt worden war, birgt laut Syngenta keinerlei Risiken für Mensch und Tier. Umweltschützer und einige Wissenschaftler sehen das freilich anders. Die Aktivisten von Greenpeace versuchten, den Gentechnik-Versuch auf ihre Art zu stoppen: Vor zwei Wochen haben 130 Mitglieder der Organisation mehrere Tonnen Öko-Weizen auf die zwei Versuchsfelder gesät, um den Boden für die Tests unbrauchbar zu machen.
Bei einer Fläche sei das gelungen, sagte Syngenta-Sprecher Rainer Linneweber: "Die Schäden hier sind massiv." Die 450 Quadratmeter große Fläche der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau sei dagegen noch zu retten gewesen. Die heutige Aussaat bei Bernburg wurde von rund 30 Polizisten bewacht - "um mögliche Störungen zu vermeiden", wie ein Polizeisprecher sagte.
Studie: US-Getreide mit Gen-Samen kontaminiert
Ob der Gen-Weizen, der laut Syngenta Ende September geerntet werden soll, tatsächlich ohne Auswirkungen auf die Umwelt bleibt, bezweifeln indes nicht nur Umweltschützer. Erst Ende März kam eine Studie von US-Wissenschaftlern zu dem Ergebnis, dass die Hälfte der Mais- und Soja-Samen sowie über 80 Prozent der Raps-Samen in den USA mit Genen aus manipulierten Pflanzen kontaminiert sind. Zuvor waren Experten davon ausgegangen, dass höchstens ein Prozent des konventionellen Saatguts durch genmanipulierte Samen verunreinigt sei.
Sachsen-Anhalt will unterdessen juristisch gegen Greenpeace vorgehen. Umweltministerin Petra Wernicke (CDU) kündigte eine Strafanzeige wegen Landfriedensbruchs an: Greenpeace habe Faustrecht angewandt, sei auf fremdes Eigentum eingedrungen und habe Schaden angerichtet - nicht nur auf den Versuchsfeldern, sondern auch auf rund 20 Hektar in der Nachbarschaft, die mit Raps bestellt waren. Die Umweltaktivisten waren auf diese Weise bereits erfolgreich: Im vergangenen Jahr hatte Syngenta nach einer ähnlichen Greenpeace-Aktion auf einen geplanten Versuch im thüringischen Gotha verzichtet.
Sachsen-Anhalt aber will als erstes Bundesland auch Gen-Mais in großem Stil anbauen und startete dazu im vergangenen November eine "Biotechnologie-Offensive". Wirtschaftsminister Horst Rehberger kündigte an, dafür in den kommenden fünf Jahren mehr als 100 Millionen Euro zur Unterstützung von Forschung und Wirtschaft bereitzustellen. Gefragt seien praktische Erfahrungen. Eine Technologie zu verteufeln, sei der falsche Weg, sagte der FDP-Politiker.
Umweltschützer und Bio-Bauern hatten bereits vor Wochen ein Aktionsbündnis "Keine Gentechnik auf Sachsen-Anhalts Feldern" gegründet. Sie fordern einen Volksentscheid und verweisen auf eine Emnid-Studie vom November 2003, in der sich 72 Prozent der Menschen in Deutschland gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel ausgesprochen hätten.