Die Monogamie wurde möglicherweise erst vor 20.000 Jahren erfunden. Wie eine neue Analyse von männlichem Erbgut vermuten lässt, war die Vielweiberei vorher unter Steinzeitmenschen höchst populär.
Die Einehe ist offenbar eine relativ junge Errungenschaft: Sie kam, wie Forscher um Isabelle Dupanloup von der italienischen Universität Ferrara aus genetischen Studien schließen, vor frühestens 20.000 Jahren auf. Vorher scheinen Männer gewöhnlich mit mehreren Frauen zusammengelebt zu haben.
Das Team, dessen Ergebnisse im Fachblatt "Journal of Molecular Evolution" erschienen sind, hatte das Erbgut von 2000 lebenden Männern analysiert, von denen die eine Hälfte aus Europa und die andere aus der übrigen Welt stammte. Aus Unterschieden zwischen den DNS-Proben können Populationsgenetiker auf die Entwicklung einer Bevölkerungsgruppe schließen. In diesem Fall untersuchten die Forscher Merkmale des nur vom Vater auf den Sohn übertragenen Y-Chromosoms, um die Frühgeschichte der männlichen Population zu enthüllen.
Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass die männliche Bevölkerung je nach Region ab etwa 18.000 Jahren vor unser Zeit scheinbar einen starken Wachstumsschub durchmachte. "Die verzögerte Zunahme der männlichen Bevölkerungen bedeutet nicht, dass es in prähistorischen Zeiten mehr Frauen als Männer gab", erklärt Dupanloup. "Vermutlich war es während eines großen Zeitabschnitts der Menschheitsgeschichte einfach so, dass wenige Männer viele Kinder zeugten und viele Männer überhaupt keine Nachkommen hatten. Nur eine kleine Untergruppe der Männer hat ihre Gene den zukünftigen Generationen weitergegeben."
Diese Wachstumsphase fällt, so die Forscher, keineswegs mit ähnlichen Schüben in der weiblichen Bevölkerung zusammen. Als Erklärung drängt sich nach ihrer Ansicht daher die Vielweiberei auf: Demnach könnte es vor 70.000 bis 20.000 Jahren für einen Mann üblich gewesen sein, eine Familie gleich mit mehreren Frauen zu gründen. Diese Interpretation deckt sich den Wissenschaftlern zufolge auch mit ethnologischen Daten. Zudem sei die Polygamie zum Beispiel auch bei großen Primaten wie Gorillas weit verbreitet.
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