Überraschende Erbgutanalyse Die Vielfalt der Mexikaner

Bunte Vielfalt: Unterschied so groß wie zwischen Europäern und Asiaten
Foto: HENRY ROMERO/ REUTERSStanford - Die Mexikaner sind ein buntes Völkchen - genetisch betrachtet. Die Unterschiede zwischen einigen von ihnen seien so groß wie zwischen Europäern und Asiaten, berichten Forscher im Fachmagazin "Science" . Dies spiegele die Hunderte bis Tausende Jahre währende Isolation einzelner Populationen wider.
Für ihre Studie untersuchten die Forscher um Andrés Moreno-Estrada von der Stanford University das Erbgut von mehr als 1000 Menschen mexikanischer Herkunft. Dazu zählten Vertreter 20 indigener und 11 ethnisch gemischter Populationen mit mexikanischen, europäischen und afrikanischen Vorfahren - sogenannten Mestizen. Die Forscher berücksichtigen fast eine Million winzige Abweichungen im Aufbau der DNA, Single Nucleotide Polymorphism - kurz SNP - genannt.
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass sich die indigene Bevölkerung Mexikos genetisch entlang einer Achse von Nordwest nach Südost aufspaltet. Je weiter die Populationen räumlich voneinander entfernt lagen, desto stärker unterschied sich ihr Erbgut. So waren die Unterschiede zwischen den Seri an der Nordküste des Golfs von Kalifornien und den Lacandon im Süden des Landes etwa so groß wie zwischen Europäern und Chinesen.
Spanische Wurzeln
Bei den Menschen ethnisch gemischter Herkunft fanden die Forscher erwartungsgemäß Kennzeichen der jeweiligen Vorfahren im Erbgut. In Übereinstimmung mit der Geschichte der spanischen Eroberung Mexikos gab es bei einigen Untersuchten genetische Merkmale, die typisch für Spanier auf dem europäischen Festland sind.
Darüber hinaus wurden jedoch auch Merkmale der mexikanischen Vorfahren entdeckt, und zwar jeweils entsprechend der regionalen Herkunft innerhalb des Landes. "Wir waren wirklich fasziniert von diesem Ergebnis, weil wir erwartet hatten, dass 500 Jahre Völkerwanderung, Immigration und Durchmischung das Signal der vor-kolumbianischen Bevölkerungsstruktur ausgelöscht hätten", erläutert Studienleiter Carlos Bustamante von der Stanford-Universität.
Gesundheitliche Unterschiede
Die Forscher belegten in weiteren Analysen, dass die genetischen Unterschiede Auswirkungen auf gesundheitliche und gesundheitspolitische Fragestellungen haben. Sie zeigten zum Beispiel, dass die Lungenfunktion bei Mexikanern unterschiedlicher Herkunft erheblich voneinander abweichen kann.
So erreichte ein Mann aus dem Westen Mexikos in einem Lungenfunktionstest deutlich schlechtere Werte als ein gleichaltriger Mann aus dem Süden des Landes. Nach den gegenwärtigen Standardwerten erscheine er dadurch zehn Jahre älter als er eigentlich ist - obwohl seine Lungenfunktion nicht krankhaft verschlechtert sei. Ohne Berücksichtigung der genetischen Eigenheiten werde der Mann möglicherweise zu Unrecht als krank und behandlungsbedürftig eingestuft.
"Für tausende Jahre gab es eine immense sprachliche und kulturelle Vielfalt innerhalb des Landes, mit dem Maya- oder Azteken-Reich einerseits und isolierten kleinen Populationen andererseits", erklärt Christopher Gignoux von der Stanford-Universität. "Wir konnten diese Vielfalt nicht nur quer über das Land messen, sondern konnten auch eine gewaltige genetische Diversität feststellen, die abhängig von der genauen Herkunft der Vorfahren in Mexiko Folgen für die Gesundheit hat." Die Abstammung müsse bei medizinischen Fragestellungen stärker berücksichtigt werden.