
Malereien von Georgia O'Keeffe Forscher lösen Rätsel um Pickel auf wertvollen Kunstwerken

Beabsichtigt waren die kleinen körnigen Pünktchen auf den Kunstwerken nicht. Schon zu Lebzeiten rätselte die amerikanische Künstlerin Georgia O'Keeffe, was sich da immer wieder auf ihren Bildern ansammelte. Später vermuteten Experten eingeschlossene Sandkörner als Ursache, aus einer Wüste in New Mexico, wo O'Keeffe lebte und arbeitete.
Die Theorie schien plausibel. Doch dann entwickelten die Pünktchen ein Eigenleben und drohten die historischen Werke zu zerstören. Nach jahrzehntelanger Ursachenforschung haben Wissenschaftler das Rätsel nun gelöst, wie sie auf der Wissenschaftskonferenz AAAS in Washington berichten.
O'Keeffe wurde 1887 im US-Bundesstaat Wisconsin geboren und zählt zu den bekanntesten amerikanischen Malerinnen des 20. Jahrhunderts. Ihre Bilder werden bis heute hoch gehandelt, obwohl sich die rätselhaften Pünktchen und Blasen auf fast all ihren Werken ausbreiten. Auf manchen sind sie so winzig, dass sie sich nur unter ultraviolettem Licht aufspüren lassen, andere kann man mit bloßem Auge erkennen.
Forscher um Marc Walton von der Northwestern University in Evanston im US-Bundesstaat Illinois gehen nun davon aus, dass es sich bei den seltsamen Pickeln um sogenannte Metallseifen handelt. Sie entstehen beispielsweise, wenn in Farben vorkommende Blei- oder Zinkionen mit Fettsäuren aus ebenfalls enthaltenen Bindemitteln reagieren.
"Die Metallseifen sammeln sich unter der Bildoberfläche an und schieben sie irgendwann nach oben", erklärt Walton. "Was dabei entsteht, erinnert an Akne."
Algorithmus offenbart Pickel im Frühstadium
Unklar ist allerdings, warum manche Kunstwerke kaum betroffen sind und andere sehr stark. Die Forscher vermuten, dass es mit der Lagerung zu tun hat. So weisen Malereien, die immer wieder an unterschiedlichen Orten ausgestellt und viel transportiert wurden, besonders große Schäden auf.
An unbedeutenden Testbildern wollen Walter und Kollegen nun untersuchen, wie schnell die Pickel bei verschiedenen Temperaturen, unterschiedlicher Luftfeuchtigkeit und Sonneneinstrahlung wachsen. Außerdem beobachten die Wissenschaftler die Originalbilder mit einem neuen Instrument, das an den "Tricorder" aus Star Trek erinnert.
Die Besatzung des Raumschiff "Enterprise" nutzt den Handscanner, um unbekannte Objekte oder Personen zu überprüfen. Zwar kann der "Tricorder" der Forscher keine Alien analysieren, dafür aber treffsicher winzige Pickel auf Kunstwerken erkennen.
Dazu wandert LCD- oder LED-Licht über das Bild. Eine Kamera fängt die Strahlen ein, die das Kunstwerk reflektiert und sendet die Daten an eine App. So entsteht ein genaues 3D-Modell der Malerei. Ein Algorithmus verrät den Forschern schließlich, ob es sich bei einzelnen Körnchen tatsächlich um Metallseifen handelt, oder schlicht um Unebenheiten auf der Leinwand oder die Struktur von Pinselstrichen (siehe vorher-nachher-Ansicht oben).
Mit der Maschine können die Forscher O'Keeffes Originalmalereien und die Testbilder mit recht geringem Aufwand überwachen und wachsende Pickel in einem frühen Stadium erkennen. "Wenn wir verstanden haben, wie sich die Pickel in unterschiedlicher Umgebung entwickeln, können wir O'Keeffes Bilder und andere betroffene Kunstwerke hoffentlich noch lange erhalten", sagt Walton.
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"Pedernal" heißt dieses Bild von Georgia O'Keeffe. Es ist 1941 entstanden und gab Forschern lange Rätsel auf, weil sich darauf immer wieder merkwürdige kleine Pünktchen bildeten. Nun hat sich gezeigt, dass eine chemische Reaktion zwischen Metallionen aus Farben und Fettsäuren aus Bindemitteln die Ursache ist. Dabei entstehen sogenannte Metallseifen.
Großaufnahme des Bildes: Die Forscher wollten herausfinden, ob einzelne Erhebungen tatsächlich von den Metallseifen stammen - oder, ob beispielsweise Unebenheiten auf der Leinwand die Ursache sind.
Bei der Analyse half ihnen ein neu entwickeltes Gerät. Es erinnert an den "Tricorder" aus Star Trek und analysiert die Oberflächenstruktur eines Bildes.
Ein Algorithmus markiert schließlich die Erhebungen, die durch Metallseifen entstanden sind.
Hier wurden die Farben aus der Aufnahme herausgerechnet, um die Oberflächenstruktur hervorzuheben.
Auch das Bild mit dem Namen "Ritz Tower" aus dem Jahr 1928 haben die Forscher untersucht.
Der "Tricorder" der Forscher analysiert die Oberfläche mithilfe von Licht - beispielsweise von einem LCD-Display.
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