Glücksspiel Schlafmangel weckt Übermut

Eine durchwachte Nacht fördert die Risikobereitschaft. Das zeigt sich bei psychologischen Tests ebenso wie in Hirnscans. Forscher warnen daher: Auch wer die Müdigkeit nicht spürt, wird bei Entscheidungen von ihr beeinflusst.
Roulette: Übermüdete Menschen blenden Verluste eher aus

Roulette: Übermüdete Menschen blenden Verluste eher aus

Foto: Peter Steffen/ picture-alliance/ dpa

Wer unausgeschlafen ist, neigt zu Optimismus - und damit auch zu Leichtsinn. Das schließen US-Forscher aus den Ergebnissen von Verhaltenstests und Hirnscans übernächtigter Probanden. Die Testteilnehmer zeigten demnach bei Glücksspielen ein höheres Maß an Risikofreude, wenn sie eine Nacht durchwacht hatten, berichten die Wissenschaftler im "Journal of Neuroscience" . Diese Tendenz spiegelte sich auch in ihrer Hirnaktivität während der Tests wider.

Die Übernächtigung steigere die Freude über einen Gewinn und mindere gleichzeitig der Ärger über einen Verlust, erklären die Wissenschaftler um Scott Huettel von der Duke University in Durham, North Carolina. Dieses Ergebnis zeige einmal mehr, wie wichtig ausreichender Schlaf vor allem für Menschen mit verantwortungsvollen Tätigkeiten sei.

Schlafverhalten

29 gesunde Probanden hatten für die Studie auf ihren Nachtschlaf verzichtet und spielten ab sechs Uhr morgens Glücksspiele mit der Aussicht auf Geldgewinne. Dabei mussten die Teilnehmer nach eigenem Ermessen entscheiden, welches Risiko sie eingehen wollten. Währenddessen zeichneten die Wissenschaftler die Hirnaktivität der Spieler mittels der funktionellen Magnetresonanztomographie auf. Zum Vergleich wurden die Tests mit allen Teilnehmern auch nach normalem um acht Uhr morgens durchgeführt.

Negative Konsequenzen werden ignoriert

Die Analysen ergaben, dass die Testteilnehmer bei Schlafmangel risikoreichere Entscheidungen trafen als im ausgeschlafenen Zustand. Dabei zeigte das Gehirn erhöhte Aktivität im sogenannten ventromedialen präfrontalen Kortex. Diese Hirnregion gilt als entscheidend für die Wahrnehmung von Gefühlen der Wertschätzung. Im Gegensatz dazu dokumentierten die Hirnscans bei Misserfolgen im Glücksspiel eine verminderte Aktivität im vorderen Bereich einer Hirnregion namens Insula. Dieses Areal ist für die Verarbeitung negativer Emotionen zuständig. "Schlaflosigkeit kann somit das Verhalten in einen unangemessenen Risikobereich schieben: Die Lust auf Gewinne steigt - negative Konsequenzen werden ignoriert", fasst Scott Huettel zusammen.

Der Zusammenhang blieb auch dann bestehen, wenn die Forscher Faktoren wie die allgemeine Wachsamkeit, Müdigkeitsgefühle oder das Wohlbefinden der Probanden mit berücksichtigten. Sich nach einer durchwachten Nacht gut zu fühlen, sei demnach keine Garantie, auch wirklich geradeaus denken zu können, betonen die Wissenschaftler abschließend.

wbr/dapd
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