Grippe-Experiment Einzelnes Gen erzeugt Killervirus

Ein einzelnes Gen kann einen harmlosen Grippeerreger in ein Killervirus verwandeln. Ein Forscher hat die Erbinformation entdeckt, mit deren Hilfe die Spanische Grippe 1918 mindestens 20 Millionen Menschen getötet hat. Im Experiment verlieh sie einem harmlosen Virus Furcht erregende Eigenschaften.

Wissenschaftler und Sicherheitsexperten hegen schon seit langem die Horrorvision, dass ein alltägliches Virus absichtlich oder durch einen Unfall in eine gefährliche Waffe verwandelt werden könnte. Nun scheint bewiesen, dass ein einzelnes Gen für diesen Schritt ausreicht. Einem Forscher ist es gelungen, mit einer Erbinformation aus dem Virus der Spanischen Grippe einem vergleichsweise harmlosen Influenza-Erreger tödliche Eigenschaften zu verleihen.

In den neunziger Jahren wurde der Erreger der Spanischen Grippe, die zwischen 1918 und 1920 unterschiedlichen Schätzungen zufolge 20 bis 40 Millionen Menschen tötete, aus Leichen gewonnen. Nun hat Yoshihiro Kawaoka von der University of Wisconsin-Madison herausgefunden, dass allein das Gen für Hämagglutinin (HA) den Erreger so gefährlich gemacht hat. Hämagglutinin ist unter anderem dafür verantwortlich, dass das Virus in Körperzellen eindringen und sie infizieren kann.

Der Wissenschaftler hat das HA-Gen in unscheinbare Influenza-A-Viren eingeschleust und Mäuse mit ihm infiziert. Wie Kawaoka in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Nature" schreibt, zeigten die Nager prompt die gleichen Symptome, an denen auch die Opfer der Spanischen Grippe starben: Lungeninfektionen, Entzündungen und schwere innere Blutungen.

"Der Austausch eines Genes reicht aus, um einen Virus gefährlicher zu machen", sagte Kawaoka. Die Erkenntnisse könnten seiner Meinung nach vor allem in der Bekämpfung und Prognose künftiger Epidemien hilfreich sein. "Wir können mit dieser Information vorhersagen, wie gefährlich ein neues Virus ist und ob es eine verheerende Seuche auslösen kann."

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