Grippe-Pandemie Uno rechnet mit bis zu 150 Millionen Toten
"Jeden Moment kann eine neue Grippe-Pandemie ausbrechen", sagte David Nabarro. "Auslöser wird vermutlich eine Mutation des Vogelgrippevirus sein." Die Zahl der Todesopfer könne zwischen fünf und 150 Millionen Menschen liegen. Ohne ausreichende Vorsichtsmaßnahmen könne das in Asien grassierende Virus zu einer globalen Grippe-Epidemie beim Menschen führen, erklärte der britische Arzt. Uno-Generalsekretär Kofi Annan hatte Nabarro gestern zum Chefkoordinator der Vereinten Nationen im Kampf gegen die Vogelgrippe ernannt.
Dick Thompson, Sprecher der Weltgesundheitsorganisation WHO, warnte vor dem Hintergrund von prognostizierten 150 Millionen Toten vor "Panikmache": Vorhersagen zu Opferzahlen seien derzeit so gut wie unmöglich. Die WHO habe jedoch die Länder weltweit aufgefordert, sich auf bis zu 7,4 Millionen Todesopfer einzustellen. "Wir halten das für eine logische Annahme", erklärte Thompson. "Wir werden nicht wissen, wie tödlich die nächste Pandemie ist, bis sie begonnen hat."
Gesundheitsexperten verfolgen mit Sorge die Entwicklung in Asien, wo seit Ende 2003 mehr als 60 Menschen durch die Vogelgrippe ums Leben gekommen sind. Der Erreger H5N1 könnte mutieren oder sich mit einem menschlichen Grippevirus vermischen und dann eine weltweite Pandemie auslösen.
"Die Vogelgrippe-Epidemie muss unter Kontrolle gebracht werden, wenn wir eine Grippe-Pandemie beim Menschen verhindern wollen", betonte der Uno-Koordinator Nabarro. Bei der letzten großen Grippe-Pandemie 1918 kamen mehr als 40 Millionen Menschen ums Leben, bei weiteren Pandemien 1957 und 1968 gab es weniger Opfer.
Nabarro will seine Strategie zur Bekämpfung der Grippe auf drei Pfeiler stellen: In den betroffenen Regionen sollen Menschen und Tiere stärker voneinander getrennt werden; gleichzeitig sollen weltweit Vorbereitungen für den Fall getroffen werden, dass das Virus mutiert und auf den Menschen überspringt. Vor allem aber dürfe der Zeitpunkt nicht verpasst werden, an dem das Virus mutiere: "Die meisten Experten gehen davon aus, dass zwischen der Entdeckung des mutierten Virus' und dem Beginn einer weltweiten Epidemie nur wenig Zeit bleibt. Die Rede ist von wenigen Wochen", sagte Nabarro.
Entsprechend knapp sei auch der Zeitraum zum Eingreifen. Wichtig sei dabei vor allem, die Information rechtzeitig zu verbreiten, damit "angemessen und ohne Panik" auf sie reagiert werden könne.
Für eine weltumspannende Bekämpfung des Virus fehlt der Uno allerdings derzeit noch das Geld: Von den rund 82 Millionen Dollar, die sie für die nächsten drei Jahre veranschlagt, hat sie laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO bis heute erst Zusagen in Höhe von 13,7 Millionen Euro erhalten.