Dorsch- und Hering-Quoten für 2020 Ostsee-Fischfang um mehr als die Hälfte reduziert

Auf einem Fischkutter werden vor der Ostseeinsel Poel die Fangnetze eingeholt
Foto: Jens Büttner / dpa-Zentralbild / dpaDeutsche Ostsee-Fischer müssen sich im kommenden Jahr auf deutliche Einschränkungen einstellen. Die erlaubten Fangmengen für Hering und Dorsch in der westlichen Ostsee werden deutlich gesenkt, wie nach dem Treffen der EU-Fischereiminister in der Nacht auf Dienstag in Luxemburg bekannt wurde. Auch für Freizeitangler wird es striktere Auflagen geben. Umweltschützern gehen die Beschlüsse allerdings nicht weit genug.
Beim für Deutschland wichtigen Hering in der westlichen Ostsee einigten sich die Minister darauf, die erlaubte Fangmenge um 65 Prozent zu senken. Beim Dorsch in der westlichen Ostsee sind minus 60 Prozent vorgesehen. In der östlichen Ostsee darf Dorsch nur in geringen Mengen als Beifang gefischt werden. Auch Dorsch-Freizeitfischer müssen sich einschränken: Künftig dürfen sie nur noch fünf statt sieben Exemplare am Tag aus dem Wasser ziehen. Im Februar und März sollen es nur zwei sein.
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Die EU-Fischereiminister legen in jedem Jahr die sogenannten zulässigen Gesamtfangmengen fest. Die EU-Kommission macht dafür Vorschläge auf der Grundlage wissenschaftlicher Empfehlungen, in denen der Zustand einzelner Bestände untersucht wird. Ein Bestand ist eine Fischart in einem bestimmten Gebiet.
Die Gesamtfangmengen werden unter den EU-Staaten dann als nationale Quoten verteilt. Wenn das in einer Quote erlaubte Kontingent ausgeschöpft wurde, darf das jeweilige Land dort vorübergehend keine Fische mehr fangen. In den Verhandlungen geht es grundsätzlich darum, eine Balance zwischen dem Schutz der Bestände und den Interessen und Bedürfnissen der Fischfangindustrie zu finden.
Es seien schwierige aber notwendige Entscheidungen gewesen, sagte EU-Fischereikommissar Karmenu Vella nach der Einigung. Fischbestände und Ökosysteme in der Ostsee seien "in einem alarmierenden Zustand". Es gebe Sorgen um die Umwelt, aber auch um an der Ostsee gelegene Gemeinden, die für ihren Lebensunterhalt auf diese Ökosysteme angewiesen seien. "Es wird ernste kurzfristige Wirtschaftsfolgen für einige Fischer geben", so Vella. Die Kommission werde daher Hilfsmöglichkeiten prüfen.
Klöckner warnt vor "sozioökonomischen Auswirkungen"
Forscher haben die Umweltfaktoren ermittelt, die eine Erholung der Fischbestände erschweren. So hatte das Thünen-Institut bei seinen jährlichen Untersuchungen im wesentlichen Laichgebiet des Herings gezeigt, dass vor allem eine Erwärmung des Meeresgebiets und eine Überdüngung der inneren Küstengewässer, in denen der Hering laicht, für weniger Nachwuchs sorgen.
Umweltschützer reagierten enttäuscht auf die strengeren Fangquoten. Für den Dorsch in der östlichen Ostsee sei ein absolutes Fangverbot nötig, um den dezimierten Bestand zu retten, so die Meeresschutzorganisation Oceana. Auch für den Hering in der westlichen Ostsee müsse ein Fangverbot verhängt werden, um gravierende Folgen zu verhindern. Die Reduzierungen beim westlichen Dorsch seien hingegen zu begrüßen, erklärte Oceana-Europadirektorin Pascale Moehrle.
Deutschland hatte sich zuvor noch gegen vermeintlich übertriebene Senkungen der Fangquoten gewehrt. Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) warnte vor den "sozioökonomischen Auswirkungen einer so drastischen Kürzung". Nach einem NDR-Bericht sind in Schleswig-Holstein von den verringerten Quoten 206 Haupterwerbsfischer betroffen, in Mecklenburg-Vorpommern 237.
Auch die von der EU-Kommission für den Freizeit-Dorschfang vorgeschlagene Höchstmenge von zwei Exemplaren pro Tag hatte Klöckner als nicht akzeptabel bezeichnet. "Dies könnte einer Schließung des Angeltourismus an der deutschen Ostseeküste gleichkommen." Der Deutsche Fischerei-Verband hatte zuvor erklärt, bereits nach der Einführung eines früheren Limits von fünf Dorschen pro Angler und Tag vor zwei Jahren hätte mehr als die Hälfte der Angelkutter an der Ostsee aufgegeben.