Hirnforschung
Schon Neandertaler bevorzugten rechte Hand
Linkshänder sind in der Minderheit - und das anscheinend schon sehr lange. Schon vor einer halben Million Jahren bevorzugten unsere Vorfahren die rechte Hand, haben Wissenschaftler nachgewiesen. Missgeschicke der frühen Menschen halfen den Forschern, das herauszufinden.
Neandertaler-Rekonstruktion: Rechtshändigkeit schon etabliert
Foto: A3778 Fredrik von Erichsen/ dpa
Die Vorliebe für die rechte Hand scheint der Mensch früh entwickelt zu haben. Schon vor einer halben Million Jahre kamen neun Rechtshänder auf einen Linkshänder, berichtet ein internationales Forscherteam
in der Fachzeitschrift "Laterality". Als Nachweis dienten ihnen Schrammspuren an bis zu 500.000 Jahre alten fossilen Zähnen.
"Die Kratzmuster, die an fossilen Zähnen zu sehen sind, stehen in direktem Zusammenhang mit der Rechts- oder Linkshändigkeit individueller prähistorischer Menschen", sagt David Frayer von der University of Kansas. "Solche Markierungen entstanden, wenn ein Steinwerkzeug aus Versehen im Mundbereich an die Vorderzähne geriet. Einige dieser Kratzer oder Schrammen waren so deutlich, dass man hier eine lebenslange Gewohnheit vermuten muss."
Die untersuchten Zähne stammten aus europäischen
Neandertaler-Stätten sowie von der Sima de los Huesos, einer prähistorischen Stätte in der spanischen Sierra de Atapuerca, in der Anthropologen zahlreiche Homo-heidelbergensis-Knochen ausgegraben haben.
Nicht mal jeder Zehnte war Linkshänder
Nach ihrer Untersuchung kamen Frayer und seine Kollegen aus Spanien, Italien und Kroatien zu einem klaren Fazit: In 93,1 Prozent der Fälle müsse davon ausgegangen werden, dass die Schrammen von Rechtshändern verursacht worden seien. Steinwerkzeuge wären von Linkshändern anders geführt worden und hätten andere Kratzmuster ergeben.
Frayer und seine Kollegen interessieren sich für den Anteil der Links- und Rechtshänder unter den frühen Menschen, da dies Aufschluss darüber geben kann, wie stark ihre Gehirnhälften unterschiedliche Funktionen ausübten - ein Phänomen, das als Lateralisation bekannt ist. Die linke Gehirnhälfte kontrolliert die rechte Seite des Körpers, gleichzeitig ist die Sprachfähigkeit vor allem in diesem Hirnbereich angesiedelt. Daher bestehe eine Verbindung zwischen Sprache und Rechtshändigkeit.