Hirnschrittmacher Stromstöße helfen gegen Parkinson

Für viele Parkinsonpatienten gibt es neue Hoffnung: Der sogenannte Hirnschrittmacher kann ihre Lebensqualität teils dramatisch verbessern. Mit elektrischen Impulsen direkt ins Gehirn lassen sich einer Studie zufolge Zittern, Muskelsteifheit und unkontrollierte Bewegungen bekämpfen.

Zum Auftakt des 16. Parkinson-Weltkongresses in Berlin wurde die weltweit einmalige Studie vorgestellt, an der 156 Patienten teilgenommen hatten. Danach lassen sich durch die sogenannte Tiefe Hirnstimulation die typischen Symptome der Krankheit so stark lindern, dass viele Betroffene zumindest teilweise ins Alltagsleben zurückkehren können.

"Wir gehen davon aus, dass diese Behandlung eine große Zukunft hat für schwer kranke Patienten, denen medikamentös nicht mehr zu helfen ist", sagte der Neurologe Günther Deuschl von der Universitätsklinik Kiel, der die Studie des Kompetenznetzes Parkinson geleitet hat. Das Krankheitsstadium werde damit im Schnitt um 15 Jahre zurückverlegt. Einige der bisher behandelten Patienten hätten nach dem Eingriff beinahe die vollständige Kontrolle über alle Körperfunktionen zurückerlangt.

Bei der Tiefen Hirnstimulation, die nur bei schwer kranken Patienten angewandt wird, werden Elektroden über ein winziges Loch in der Schädeldecke in einen Hirnbereich implantiert, der für das typische Parkinson-Zittern mitverantwortlich ist. Über einen Schrittmacher unter dem Schlüsselbein werden regelmäßig schwache Stromstöße zur elektrischen Reizung ausgelöst, die die überaktiven Nervenzellen lahm legen.

Über 25.000 Patienten in Deutschland könnten profitieren

Die Methode wird seit Mitte der neunziger Jahre angewandt, eine Vergleichsstudie gab es bislang aber nicht. Der Untersuchung zufolge erlebten die Behandelten ihre Lebensqualität nach dem Eingriff als insgesamt um 22 Prozent verbessert. Mobilität, Alltagsaktivität und emotionale Ausgeglichenheit verbessern sich sogar um bis zu 40 Prozent. "Die Verbesserung betrifft alle Lebensbereiche", sagte Deuschl. Auch die mit Parkinson oft einhergehende Stigmatisierung nehme nach der Operation deutlich ab. Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn begrüßte die Methode als "richtigen Weg, um Parkinsonpatienten zu helfen".

Die Tiefe Hirnstimulation kommt den Angaben zufolge für etwa zehn bis 15 Prozent der 250.000 Menschen in Frage, die in Deutschland von der unheilbaren und fortschreitenden Krankheit betroffen sind. Dabei sterben Nervenzellen im Gehirn ab, die den Überträgerstoff Dopamin produzieren. Zu den prominentesten Patienten zählen neben dem kürzlich verstorbenen Papst Johannes Paul II. Boxlegende Muhammad Ali und US-Schauspieler Michael J. Fox.

Kongresspräsident Peter Riederer wies darauf hin, dass bis zum Jahr 2050 wegen der steigenden Lebenserwartung rund eine Million Deutsche an Parkinson erkrankt sein dürften. Besonders problematisch sei, dass in der Regel schon 60 Prozent der Nervenzellen abgestorben seien, wenn sich ein klinisches Krankheitsbild zeige. Das zeige, dass es "höchste Eisenbahn" für neue Wege in der Forschung sei.

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