

Boston/Hamburg - Manche Menschen sind in ihren Monologen selbst mit Verbalgrätschen kaum zu stoppen. Japanische Forscher haben nun ein Gerät entwickelt, das auch die nervigsten Quasselstrippen stoppen kann - dafür wurde ihnen am Donnerstag der Ig-Nobelpreis verliehen. "SpeechJammer" heißt die von Kazutaka Kurihara und Koji Tsukada entwickelte Erfindung, die bei der noblen Veranstaltung der amerikanischen Harvard-Universität (Cambrige) ausgezeichnet wurde. "Ig-Nobel" ist ein Wortspiel mit "ignoble" - unwürdig, schmachvoll, schändlich - und ein jährlicher Beweis, dass auch Wissenschaftler Spaß verstehen.
Wie die Forscher berichten, basiert der Trick ihres Stoppers auf einem bekannten Phänomen: Sprechen wird nahezu unmöglich, hört man seine eigenen Worte mit kurzer Verzögerung. Der Effekt ist aus dem Alltag von schlechten Telefonverbindungen bekannt: Bekommt man die eigene Stimme als Echo zurück, ist das extrem irritierend.
Eigentlich wollten Kurihara und Tsukada Redner mit dem nervenden Echo nur darauf hinweisen, wann ihre Redezeit abgelaufen ist. Dass ihr Gerät - ein handliches Paket aus Mikrofon und Lautsprecher - geeignet ist, Dauerredner komplett aus den Tritt zu bringen, war ein unerwarteter Nebeneffekt. Die Forscher des Nationalinstituts für Fortgeschrittene Industriewisssenschaft und Technologie in Japan finden die aktuelle Ehrung cool: "Einen Ig-Nobel zu gewinnen war mein Traum als verrückter Wissenschaftler", sagte Kurihara.
Die Ig-Nobelpreise werden von der Elite-Universität Harvard alljährlich in mehreren Kategorien vor den "richtigen" Nobelpreisen verliehen und von echten Nobelpreisträgern überreicht, diesmal übernahm der Wirtschaftspreisgewinner Eric Maskin diesen Part. Die Veranstaltung hat längst Kultcharakter und ist für die Wissenschaftler eine große Sause.
Warum Pferdeschwänze federn
Weitere Ig-Nobels 2012 gingen an niederländische Forscher, die herausfanden, warum eine Neigung nach links den Eiffelturm kleiner aussehen lässt. Vier Amerikaner erhielten den Neuro-Ig-Nobel für den Nachweis von Hirnaktivität in totem Fisch. Ein angloamerikanisches Team gewann den Physikwettbewerb für die Erklärung, warum Pferdeschwänze federn. Und das US-Rechnungsprüfungsamt gewann den Literaturpreis für einen Bericht über Berichte.
Auch gab es einen Preis für Forschung über das Schwappen von Kaffee in Tassen beim Gehen. Professor Rouslan Krechetnikov von der Universität von Kalifornien und der Student Hans Meyer hatten sich zu der Forschung entschlossen, als sie bei einer Tagung beobachteten, wie Teilnehmer vorsichtig und doch oft auch erfolglos mit vollen Kaffeetassen umhergingen.
Schämen tut sich längst kein Forscher mehr, der einen Ig-Nobelpreis gewinnt. Zwar handelt es sich bei den Erkenntnissen eben nicht gerade um nobelpreisverdächtige Ergebnisse, dennoch steckt stets ein besonderer Clou dahinter. So auch im vergangenen Jahr, hier gewann ein Wissenschaftlerteam um den Neurologen Peter Snyder, das herausfinden wollte, wie starker Harndrang die menschliche Entscheidungsfähigkeit beeinflusst.
Für die Forschung trank Wissenschaftler David Darby so viel Wasser, wie er konnte - und trank und trank. Dabei stellten die Forscher fest: Wer sehr dringend aufs Klo muss, kann sich nicht mehr so gut konzentrieren. Die Aufmerksamkeitsspanne sowie die Entscheidungsfähigkeit, so lautete das Fazit der publizierten Studie im Fachjournal "Neurourology and Urodynamics", seien bei voller Blase ähnlich stark herabsetzt wie bei einem niedrigen Alkoholspiegel im Blut oder bei 24 Stunden Schlafentzug.
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Der Ig-Nobelpreis 2012 ging an niederländische Forscher, die herausfanden, warum eine Neigung nach links den Eiffelturm kleiner aussehen lässt: Die Nobelpreisträger Eric Maskin (Wirtschaft), Richard Roberts (Medizin), Dudley Herschbach (Chemie), Eröffnungsredner Robert Kirshner und der Physik-Nobelpreisträger Roy Glauber demonstrieren den Effekt.
Nicht ganz ernst gemeint: Ig-Nobelpreis-Gewinner früherer Jahre bei der feierlichen Verleihung der diesjährigen Auszeichnung an der Harvard-Universität - BHs dienen den Wissenschaflern als Atemschutzmasken.
US-Forscher Robert Kirshner bei der feierlichen Eröffnungsperformance: Später gratulierte er Kazutaka Kurihara und Koji Tsukada, die den Ig-Nobelpreis für ihren Sprechstopper verliehen bekamen.
Tradition bei der Ig-Nobelpreis-Verleihung: Das Auditorium wirft mit Papierflugzeugen, auch echte Nobelpreisträger sind unter den menschlichen Zielscheiben.
Die Wortkanone, die Quasselstrippen zum Schweigen bringt: Kazutaka Kurihara vom National Institute of Advanced Industrial Science und Koji Tsukada von der Ochanomizu University bekamen dafür den Ig-Nobelpreis 2012 verliehen.
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