Reh- und Wildschweinbestände dezimieren Neues Jagdrecht soll Wälder besser schützen

Nachtzielgeräte für die Wildschweinjagd und mehr Schutz für junge Bäume: Agrarministerin Julia Klöckner will das Jagdrecht modernisieren. Jäger sehen teils wildfeindliche Tendenzen.
Hirsch in Waldgebiet in Hessen

Hirsch in Waldgebiet in Hessen

Foto: Raphael Schmitt / Beautiful Sports / imago images

Für Jäger gelten in Deutschland künftig neue Regeln. Ziel des reformierten Bundesjagdgesetzes ist vor allem der Schutz der vielerorts stark in Mitleidenschaft gezogenen Wälder. Dies erfordere "die Anpassung überhöhter Rehwildbestände auf ein Maß, das für den Wald verträglich ist und auch das Wachsen der jungen Bäume ermöglicht", erklärte Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) in Berlin. Auch die Afrikanische Schweinepest soll durch Abschüsse stärker bekämpft werden. Das Bundeskabinett hat die neue Regelung am Mittwoch gebilligt.

Man wolle eine "gute Balance" zwischen Wild und Wald hinbekommen und den Fachleuten vor Ort mehr Verantwortung übergeben, sagte Klöckner. Künftig soll es grundsätzlich keine behördliche Abschussplanung mehr geben, sondern Waldbesitzer und Jäger sollen sich vor Ort auf einen jährlichen Abschusskorridor verständigen, der Mindest- und Höchstzahlen der zu tötenden Tiere festlegt.

Nur wenn das nicht gelinge, solle die Jagdbehörde eine Abschussquote festlegen, erklärte Klöckner. Grundlage für die Festlegung solle ein Gutachten über die Vegetation vor Ort sein, das um eine Analyse des Lebensraums des Wilds ergänzt werden könne. Eigene Regelungen der Bundesländer blieben davon unberührt.

Wildverbiss, wie Fachleute durch Rehe geschädigte Bäume nennen, gilt als großes Hindernis für den Waldumbau – die geplante Umwandlung von Monokulturen in Mischwälder. "Bundesweit sind rund 33 Prozent der jungen Bäume verbissen", so Klöckner. Dieser Umbau soll Deutschlands angeschlagene Wälder widerstandsfähiger gegen Klimawandel und Schädlinge machen. Nach derzeitiger Planung müssen 285.000 Hektar Wald wieder aufgeforstet werden, weil Dürre, Stürme und Borkenkäfer den deutschen Forsten schwer zugesetzt haben.

Umweltschützer begrüßen die Veränderung: Der Waldumbau sei zentral im Kampf gegen die Klimakrise. "Wir können es uns nicht leisten, die natürliche Verjüngung der Wälder weiter insbesondere durch zu hohe Rehbestände zu gefährden", erklärte der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt. "Nur wenn das Wildtiermanagement der natürlichen Verjüngung von Laubbäumen eine Chance lässt, kann uns der Waldumbau noch gelingen."

Der Deutsche Jagdverband (DJV) kritisierte dagegen, dass der Regierungsentwurf in Tendenzen wildfeindlich sei. Es entstehe der Eindruck, dass der zweifelsohne notwendige Waldumbau zu klimastabilen Mischwäldern "nur mit dem Gewehr" gelingen könne. Wenn der Fokus weiterhin auf verbissenen Bäumen liege, drohe das Wild den forstlichen Interessen geopfert zu werden. Nicht jeder Verbiss sei ein Schaden, "denn auch das Wild hat ein Existenzrecht und muss in seinem Lebensraum Nahrung finden können", erklärte DJV-Vizepräsident Ralph Müller-Schallenberg.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt und von der Redaktion empfohlen wird. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Externer Inhalt

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Nachtzieltechnik und Infrarotaufheller gegen Wildschweine

Weitere Neuregelungen sollen die nächtliche Jagd auf Wildschweine erleichtern – auch für den Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest. In Zukunft dürfen Jäger dabei bisher verbotene Nachtzieltechnik und Infrarotaufheller verwenden. Derzeit gibt es in den von der Schweinepest betroffenen Gebieten eine verstärkte Jagd auf Wildschweine. Hintergrund ist, dass die Tierseuche leicht von Schwein zu Schwein übertragen werden kann und insbesondere Schweinefleischproduzenten eine Ausbreitung auch auf Hausschweinbestände fürchten.

Klöckner bezeichnete die Jäger als wichtige Partner bei der Bekämpfung der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest. Die neuen Regelungen des Bundesjagdgesetzes sind die erste größere Reform seit 1976. Weitere Punkte sind eine modernere und einheitliche Jägerausbildung. Außerdem soll in Büchsenmunition das Blei reduziert werden. Umweltschützer hatten das schon lange gefordert.

joe/dpa/AFP

Mehr lesen über

Verwandte Artikel

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren