Satellitenbild von Jemens Küste bei Ras Isa, die "Safer Floating Storage and Offloading Terminal" ist eingekreist
Foto: Google EarthSeit 1987 liegt ein riesiger Tanker vor der Küste des Jemen im Roten Meer. Das rund 360 Meter lange und 70 Meter breite "Safer Floating Storage and Offloading Terminal" soll am Hafen von Ras Isa dazu dienen, Öl aus einer Pipeline auf andere Schiffe zu verladen. Anschließend sollen diese den Treibstoff, der in der 400 Kilometer entfernten Raffinerie von Marib hergestellt wurde, abtransportieren.
Die Anlage ist wegen des Bürgerkriegs allerdings seit 2015 außer Betrieb - und bereitet Experten inzwischen große Sorgen. Sie warnen vor einer möglichen Umweltkatastrophe im Roten Meer.
Die britische Zeitung "Guardian" berichtet, ein Expertenteam der Vereinten Nationen plane in den kommenden Tagen einen Besuch, um die Gefahr besser abschätzen zu können. Allerdings hat sich Mark Lowcock, Chef des Uno-Amtes für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten, darüber beklagt, dass geplante Inspektionen bereits mehrfach nicht zustande gekommen seien.
Das Gebiet, in dem das Schiff liegt, wird von den schiitischen Huthi-Rebellen kontrolliert, die mit Unterstützung des Iran gegen die jemenitische Regierung kämpfen. Diese wiederum wird massiv von Saudi-Arabien unterstützt. Laut einem Waffenstillstandsabkommen haben sich die Huthis offiziell aus den Hafenstädten zurückgezogen.
34 Tanks und Explosionsgefahr
Grundsätzlich ist das Problem mit dem Öltanker bereits seit einiger Zeit bekannt, sein genaues Ausmaß lässt sich allerdings schwer abschätzen. Zu den drohenden Gefahren gehört neben einer möglichen Explosion, dass die Hülle des Tankers korrodiert.
Die jemenitische Regierung warnt - wohl auch nicht ohne Hintergedanken -, dass der Tanker im Rebellengebiet dreimal so viel Öl an Bord habe wie beim Unglück der "Exxon Valdez" im März 1989 in Alaska ausgelaufen sei.
Der "Guardian" zitiert Doug Weir, den Chef der unter anderem von Norwegen unterstützten Nichtregierungsorganisation "Conflict and Environment Observatory", mit der Einschätzung, das "Potenzial für einen ernsthaften Umweltnotfall" sei klar, selbst wenn das präzise Risiko bis zu einem Besuch der Uno-Experten nicht abzuschätzen sei.
Weirs Organisation hatte bereits im Frühjahr einen Bericht zu dem Schiff veröffentlicht. Darin heißt es unter anderem, die Maschinen seien seit Jahren nicht gestartet worden, weil der Diesel dafür fehle. Klar ist außerdem, dass der 1976 in Japan gebaute Tanker nur einwandig ist. Das heißt: Sollte ein Loch entstehen, würde sich der Inhalt des Schiffes direkt ins Meer ergießen.
Die 34 Tanks haben eine Gesamtkapazität von rund drei Millionen Barrel Öl, Schätzungen zufolge sind sie aktuell zu einem Drittel gefüllt. Gefährlich könnte zudem sein, dass sich im leeren Teil der Tanks explosive Gase gebildet haben.
Der "Guardian" gibt den Wert des Öls an Bord mit 80 Millionen Dollar (etwa 71 Millionen Euro) an. Die Huthis fordern Garantien, dass sie das Geld aus dem Verkauf erhalten. Das würde aber voraussetzen, dass zuvor geklärt wird, an wen der Stoff exportiert werden darf.
Uno-Diplomat Lowcock hat den Sicherheitsrat gewarnt, dass die Küsten am Roten Meer großflächig verseucht werden könnten, wenn der Tanker explodiert oder ein Loch in der Hülle entsteht. Die bei Touristen beliebten Korallenriffe vor Hurghada liegen etwa 1600 Kilometer Luftlinie entfernt.
Korrektur: In einer früheren Version haben wir ein falsches Satellitenbild gezeigt. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.
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26. März 1989: Am Sonntag jährt sich eine der schwersten Ölkatastrophen in der Geschichte der USA. Vor 30 Jahren lief der Tanker "Exxon Valdez" im Prinz-William-Sund vor Alaska auf ein Riff und schlug leck. Rund 40.000 Tonnen Öl verseuchten die Küste.
Zum Zeitpunkt des Unglücks war das Wasser ruhig, der Kapitän hatte einem weniger erfahrenen Offizier das Kommando überlassen, während er selbst schlief. Das Bild zeigt den Untergrund an einem von der Ölpest betroffenen Strand am 11. April 1989. Durch die Ölpest kam die Fischerei in der Region zeitweise zum Erliegen.
Rund 250.000 Seevögel und Tausende weitere Tiere starben an den Folgen der Ölpest, darunter Seeotter, Robben, Grauwale und Pazifische Heringe.
Das Ausmaß der Katastrophe war auch deshalb so groß, weil die Gegend schwer zugänglich ist. Die Rettungskräfte mussten eine ganze Strecke per Flugzeug, Schiff oder Hubschrauber zurücklegen. Am 23. Juni wurde die beschädigte "Exxon Valdez" aus dem Prinz- William-Sund geschleppt.
Reinigungsarbeiten im Jahr 1989: Nach dem Unglück wurde der Ölkonzern "Exxon" mit Klagen überzogen und musste schließlich Milliarden für Säuberungen, Schadensersatz und Geldbußen zahlen.
Aufnahme vom 28. März 1989: Inzwischen sind im Prinz-William-Sund nur noch doppelwandige Öltanker zugelassen, zudem müssen die Schiffe von mehreren Schleppern begleitet werden. Das Bligh-Riff ist mit einem Warnlicht markiert.
Mit Öl verschmierte Seelöwen am 2. April 1989: "Das Öl hielt sich deutlich länger an den Küsten, als irgendwer vermutet hatte. Tiere waren ihm dadurch sehr lange ausgesetzt", sagte der Wissenschaftler Jeffrey Short, der im Auftrag der US-Regierung die Untersuchungen nach dem Unglück leitete, kürzlich dem Lokalsender KTUU.
In den Sedimenten der Uferzonen lagern bis heute Rohölreste. Hier zu sehen ist ein Wasserflugzeug, an einem von der Ölpest betroffenen Strand im Prinz-William-Sund. Das Bild stammt aus dem April 1989.
Nach dem Unglück versuchten Rettungsteams zu verhindern, dass sich das Öl noch weiter ausbreitet. Auf diesem Bild reinigen Arbeiter eine Ölsperre.
Verendeter Grauwal an der Küste einer Insel im Golf von Alaska. Einige Tierbestände, wie die der Seeotter, haben die Katastrophe recht gut verkraftet. Andere wie die Pazifischen Heringe, Lachse und Orcas bislang nicht. "Es kann Jahrzehnte dauern, bis sich die Arten erholen, die besonders sensibel auf die Verschmutzung reagieren", sagte Brenda Ballachey, eine Forscherin, die vor rund fünf Jahren eine Bestandsaufnahme im Prinz-William-Sund vorgenommen hat, laut der Nachrichtenagentur dpa.
Block Island, Alaska, am 17. April 1989: Vor der Ölkatastrophe war der Prinz-William-Sund eines der unberührtesten und artenreichsten Ökosysteme der USA.
Mit Hochdruck-Wasserstrahlen versuchen Hilfskräfte am 21. April 1989 einen Strand vom Öl zu befreien. Das "Exxon Valdez"-Unglück war zum Zeitpunkt der Katastrophe das schwerste Ölunglück in der Geschichte der USA. 2010 wurde es von der Explosion der Ölplattform "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko übertroffen. Fünf Monate lang sprudelten rund 780 Millionen Liter Öl ins Meer - ein Vielfaches der bei der "Exxon Valdez" ausgelaufenen Menge.
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