Reduzieren oder verbieten Klöckner-Interview sorgt für Verwirrung bei Glyphosatverbot

Die Regierung hat vereinbart, den Einsatz des Unkrautvernichters Glyphosat schnellstmöglich zu beenden. Nun nährte Agrarministerin Klöckner Zweifel an der Umsetzung - und fühlt sich missverstanden.
Julia Kloeckner (CDU) am 11. April auf Schloss Meseberg

Julia Kloeckner (CDU) am 11. April auf Schloss Meseberg

Foto: AXEL SCHMIDT/ AFP

Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) hat sich skeptisch über ein Komplettverbot von Glyphosat geäußert - und zugleich einen raschen Vorstoß zur Reduzierung des Unkrautvernichters angekündigt. Sie werde in den nächsten Tagen einen Vorschlag machen, wie die Anwendung eingeschränkt werden könne, sagte Klöckner am Montag vor Sitzungen der CDU-Führungsgremien in Berlin.

Dieser solle Personengruppen betreffen, aber auch die Oberflächenanwendung. Konkreter äußerte sie sich zunächst nicht. "Ich bin da vertragskonform", sagte Klöckner mit Blick auf den Koalitionsvertrag.

Zuvor hatte die Agrarministerin in der Montagsausgabe der "Süddeutschen Zeitung" vor dem Hintergrund rechtlicher Bedenken der EU-Kommission gegen ein Glyphosat-Verbot in Österreich gesagt: "Verbote haben nicht immer Bestand." Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte zuvor einen schnellen und kompromisslosen Ausstieg bis 2021 gefordert.

Klöckner hält Komplettverbot für europarechtswidrig

Viele interpretierten Klöckners Aussage als Signal, dass die Ministerin den Ausstieg womöglich nicht ernst nimmt. Klöckner fühlt sich damit missverstanden und betonte nun, sie habe sich nicht gegen ein Verbot von Glyphosat ausgesprochen. "Ich habe darauf hingewiesen, dass es eine europarechtliche Frage ist."

Das von Österreich ausgesprochene Komplettverbot sei europarechtswidrig. "Deshalb halte ich mich an unseren Koalitionsvertrag, wie wir das verabredet haben, sofort jetzt mit einer Reduktionsstrategie bei der Glyphosatanwendung zu beginnen."

Auf Twitter postete Klöckner eine Passage aus dem Koalitionsvertrag, in dem von "einer systematischen Minderungsstrategie" und einer "deutlichen Einschränkung" des Mittels die Rede ist.

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Zu Forderungen nach einem Glyphosatverbot sagte Klöckner: "Es gibt immer viele Wünsche. Und wenn eine Regierung alle Wünsche, die es gibt, umsetzen soll, dann bewegt sie sich gar nicht, weil es viele Wünsche gibt, die sich widersprechen." Deshalb sei es wichtig, sich an Fakten, rechtliche Gegebenheiten und den Koalitionsvertrag zu halten. Dort sei klar gesagt, dass die Anwendung von Glyphosat reduziert und das Mittel grundsätzlich überflüssig gemacht werden solle. "Daran arbeite ich", sagte Klöckner.

Glyphosat - Das Wichtigste im Überblick

Der Unkrautvernichter Glyphosat war 2017 in der EU nach monatelangem Streit für weitere fünf Jahre zugelassen worden. Auch der damalige deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) stimmte für die Verlängerung und handelte sich dafür Ärger mit der ehemaligen Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ein, die gegen eine Verlängerung war. Von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen hatte es vorher gegen das Mittel vor allem in Deutschland massive Proteste gegeben.

Die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation stufte Glyphosat im März 2015 als "wahrscheinlich krebserregend" für den Menschen ein. Das Institut bewertet allerdings nur, inwiefern Substanzen grundsätzlich in der Lage sind, Krebs zu erzeugen und nicht wie hoch das Erkrankungsrisiko in der Praxis ist. Die europäische Lebensmittelbehörde Efsa, die Chemikalienagentur Echa und das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung, die praktische Risiken abschätzen, sahen keine ausreichenden Belege dafür.

jme/dpa
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