Kampf gegen Erderwärmung Schwellenländer schwächeln beim Klimaschutz

Straßenfeger vor Industriepark im chinesischen Shizuishan: China ist größte CO2-Schleuder der Welt
Foto: JASON LEE/ REUTERSHamburg/Durban - Schweden, Großbritannien und Deutschland sind nach einer Analyse der Organisation Germanwatch die Länder mit dem besten Klimaschutz. Das geht aus dem aktuellen Klimaschutzindex hervor, der am Dienstag auf dem Uno-Klimagipfel im südafrikanischen Durban präsentiert wurde. Die großen Verlierer sind demnach Schwellenländer wie Indien.
Schweden hat im aktuellen Ranking das Vorbildland Brasilien von der Führungsposition verdrängt und besetzt nun Platz vier. Großbritannien hat einen großen Sprung an Position fünf der Rangliste gemacht. Auch Deutschland konnte sich um einen Ranglistenplatz verbessern und steht nun an sechster Stelle. Platz eins, zwei und drei wurden wie in den vergangenen Jahren nicht vergeben: "Kein Land tut genug, um den Klimawandel zu verhindern", so die Begründung im Klimaschutzindex (CCPI).
Als wichtigen Faktor für den diesjährigen Index bezeichnen die Autoren die Finanzkrise von 2008 und 2009, die zu einer deutlichen Reduktion des CO2-Ausstoßes geführt und einige Staaten sogar dazu veranlasst habe, ihre Energiepolitik zu verändern. Deutschland habe sich den Aufstieg vor allem durch das neue Energiekonzept und den relativ guten Trend bei den Emissionen verdient, bereits 2007 war die Bundesrepublik zweitbester Klimaschützer gewesen. Insgesamt gehört Deutschland jedoch zu den zehn größten CO2-Emittenten und könne deshalb nicht auf einen Führungsplatz im Klimaschutzindex kommen, heißt es im CCPI.
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Mit dem Atomausstieg und dem gleichzeitigen Festhalten an hohen Klimazielen könne Deutschland die erneuerbaren Energien weiter ausbauen, erläuterte Mitautor Jan Burck von Germanwatch. "Allerdings werden die geplanten Emissionsreduktionen nicht erreicht, wenn nun nicht auch im Bereich der Energieeffizienz Ernst gemacht wird", so Burck.
Die Umweltorganisationen Germanwatch und Climate Action Network haben den Index mit dem Ziel entwickelt, die internationale Klimapolitik transparenter zu machen. Klimasünder sollen so politischen und sozialen Druck bekommen, sich mehr für die Umwelt einzusetzen, während Länder mit besonders erfolgreicher Klimapolitik hervorgehoben werden sollen. Der Plan der Macher geht auf: Seit Jahren findet die Rangliste internationale Beachtung.
Zu 80 Prozent basiert der Index auf Emissionsdaten der Internationalen Energieagentur IEA, die den Trend und die Höhe der Emissionen repräsentieren. Zu 20 Prozent beruht die Einstufung auf den Einschätzungen von mehr als 200 Experten, die die nationale und internationale Klimapolitik der Staaten bewerten. Begutachtet wurden 58 Länder, die für insgesamt mehr als 90 Prozent der weltweiten energiebezogenen CO2-Emissionen verantwortlich sind. Es geht nicht nur um die Entwicklung der Treibhausgasemissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe, sondern auch darum, wie engagiert die Staaten dazu beitragen, die globale Erwärmung deutlich unter zwei Grad zu halten.
Vor allem Schweden hat seine Vorbildfunktion in Sachen Klimaschutz zurückerobert: Schon 2007 und 2008 hatte das skandinavische Land den Index angeführt, war allerdings für zwei Jahre von Brasilien auf Platz fünf verwiesen worden. Der Grund für die jetzige Position sind die niedrigen Emissionslevel und der rückläufige Emissionstrend in Sektoren wie etwa dem Wohnungsbau.
Brasilien verliert, USA verbessert die Position etwas
Brasilien hingegen, das lange Zeit als Regenwald-Killer und Kohlendioxid-Schleuder verschrien war und sich dann freiwillig und vor allem erfolgreich dem Klimaschutz verschrieben hatte, nimmt nur noch Indexplatz sieben ein. Seit 2010 ist der CO2-Ausstoß wieder gestiegen, auch durch Abholzung der Regenwälder. Die USA verbesserten sich leicht, belegen aber aufgrund der mangelhaften Klimapolitik und der hohen CO2-Emissionen einen der hinteren Listenplätze. Die Schlussgruppe des Index bilden Saudi-Arabien, Kasachstan und Iran.
Vor zwei Jahren hatten Klimaexperten noch hoffnungsvoll auf Schwellenländer wie Brasilien, Indien, China und Südafrika geschaut. "Die EU hat die Vorreiterrolle, die sie jahrelang innehatte, verloren", hatte Christopher Bals, politischer Geschäftsführer von Germanwatch, im Jahr 2009 im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE erklärt. "Die großen Schwellenländer fangen an, eine ernsthafte Klimaschutzpolitik zu betreiben."
Doch im aktuellen Klimaindex gehören neben Brasilien auch Indien, China, Südkorea, Südafrika und Indonesien zu den Absteigern. Indien etwa ist wegen seines negativen Trends im Kohlendioxid-Ausstoß um elf Plätze auf Position 23 gefallen.
"Die Ergebnisse in diesem Jahr sind besorgniserregend", erläutert Studienautor Burck. "Fünf der größten Emittenten, Iran, China, Russland, Kanada und USA, bekamen die Note 'sehr schlecht'. Aus dieser Gruppe ist China das einzige Land mit einer guten Politikbewertung. Aber auch die anderen Länder dürfen sich nicht ausruhen."
Auch Bundesumweltminster Norbert Röttgen hat nun die Schwellenländer dazu aufgefordert, ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Auch diejenigen Länder, die in der Vergangenheit nicht zu den Verschmutzern zählten, müssten sich an der Minderung der Treibhausgase und an der Finanzierung beteiligen, sagte der CDU-Politiker am Dienstag auf der Klimakonferenz in Durban. "Wir dürfen nicht die Fehler der Industrieländer der Vergangenheit wiederholen", mahnte der Minister.
China hingegen nimmt eine Sonderposition ein: Zwar ist das riesige Land die größte CO2-Schleuder der Welt - und der Ausstoß der Klimagase nimmt kontinuierlich zu. Doch die politischen Bestrebungen zu klimafreundlicher Energiepolitik könnten das Land zu einem Hoffnungsträger machen: "Schon jetzt speist China, das bisher ein 'Nobody' bei den erneuerbaren Energien war, global die Hälfte der Leistung aus erneuerbaren Energien ein", heißt es im CCPI, in keinem anderen Land der Welt werden derzeit so viele Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien installiert wie in China.