Entscheidung des höchsten Gerichts Supreme Court schränkt Klimaschutz-Befugnisse der US-Regierung deutlich ein

Die Umweltschutzbehörde habe kein Recht, Kohle- und Gaskraftwerksbetreiber zu Emissionssenkungen zu verpflichten. Das hat das Oberste Gericht der USA entschieden – und bremst so die Klimaschutzpläne des Präsidenten.
Es dürfte für die US-Regierung nun schwieriger werden, strengere Vorschriften für Kohlekraftwerke – wie für diese Anlage in Arizona – zu verhängen

Es dürfte für die US-Regierung nun schwieriger werden, strengere Vorschriften für Kohlekraftwerke – wie für diese Anlage in Arizona – zu verhängen

Foto: Ralf Broskvar / YAY Images / IMAGO

Ein neues Urteil des Supreme Court beschneidet die Rechte der US-Regierung, Klimaschutzvorgaben etwa für Kohle- und Gaskraftwerke zu erlassen. Nach der Entscheidung am Donnerstagnachmittag deutscher Zeit wird die Befugnis der Environmental Protection Agency (EPA), der staatlichen Umweltbehörde der USA, deutlich eingeschränkt: Die EPA soll künftig keine Vorschriften zur Verringerung der Kohlenstoffemissionen von Kraftwerken erlassen dürfen. Bislang sichert der sogenannte Clean Air Act, ein Gesetz zur Bekämpfung von Luftverschmutzung, der Umweltschutzbehörde dieses Recht zu.

Mit der Entscheidung erschwert das Gericht auch die Pläne des US-Präsidenten Joe Biden. Seine Regierung arbeitet derzeit an neuen Vorgaben, die den Treibhausgasausstoß von Kohle- und Gaskraftwerken senken sollen. Ihr Vorschlag zur Regulierung von Kraftwerksemissionen wird bis Ende des Jahres erwartet.

Sechs Stimmen dafür, drei dagegen

Derzeit sind sechs konservative Richterinnen und Richter Teil des Supreme Courts, sie stimmten für die Entscheidung. Die Minderheit der drei liberalen Mitglieder votierte dagegen. Nach Ansicht der konservativen Richter seien die Regulierungsbefugnisse des Bundes zu weitreichend. In ihrem Urteil stützten sich die Richterinnen und Richter auf die sogenannte Major-Questions-Rechtsdoktrin. Gemäß dieser Leitlinie ist für Maßnahmen in Fragen von großer Bedeutung und gesellschaftlicher Tragweite die ausdrückliche Genehmigung des Kongresses erforderlich.

Die Entscheidung kommt für die US-Klimapolitik zur Unzeit. Seit Monaten versucht die Biden-Regierung unter anderem über große Gesetzesvorhaben die Energiewende im Land voranzutreiben, um die nationalen Klimaziele zu erreichen. Wegen knapper Mehrheitsverhältnisse im US-Kongress und dem Widerstand vor allem von Senator Joe Manchin kommen die Pläne jedoch nicht voran. Die Möglichkeit, über nationale Behörden am Kongress vorbei Klimapolitik zu betreiben – ein Mittel, zu dem wegen politischer Blockaden auch Bidens Vorgänger Barack Obama gegriffen hatte –, wird nun deutlich eingeschränkt.

Für die US-Administration dürfte es nun noch schwieriger werden, die Klimaziele dennoch zu erreichen, die etwa einen vollständig dekarbonisierten Stromsektor bis 2035 vorsehen. Sollte der weltweit zweitgrößte CO₂-Emittent nach dem zwischenzeitlichen Austritt aus dem Paris-Abkommen unter Donald Trump nun erneut beim Klimaschutz ins Hintertreffen geraten, dürfte das auch den internationalen Klimaschutz belasten.

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Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs, John Roberts, schrieb in einer Begründung des neuen Urteils: Es könne zwar eine vernünftige politische Lösung sein, einen Grenzwert für Kohlenstoffemissionen vorzuschreiben, der die Energiewende quasi erzwingen würde, es sei »aber nicht plausibel, dass der Kongress der EPA die Befugnis gegeben hat, ein solches Regulierungssystem allein zu verabschieden«.

Großes Engagement der Kohleindustrie

Angestoßen hatte den Rechtsprozess eine Gruppe republikanisch geführter US-Bundesstaaten unter der Führung von West Virginia, ein Staat, dessen Wirtschaft sich zu großen Teilen auf die Kohle stützt. Diese Gruppe forderte den Supreme Court auf, die Möglichkeiten der EPA zur Regulierung von Treibhausgasemissionen aus bestehenden Kraftwerken im Rahmen des Clean Air Act einzuschränken. Unterstützt wurde sie von Kohleunternehmen und kohlefreundlichen Industriegruppen . Im Detail ging es um einen Vorschlag, der unter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump ins Leben gerufen worden war. Mit dieser »Affordable Clean Energy«-Regel sollte eine Bestimmung des Clean Air Act eingeschränkt werden, die die Umweltschutzbehörde zur Regulierung der Emissionen bestehender Kraftwerke bemächtigt.

Es ist davon auszugehen, dass das Urteil nicht nur Folgen für die Arbeit der Umweltschutzbehörde hat. Es wirft zudem neue rechtliche Fragen zu wichtigen Entscheidungen anderer Bundesbehörden auf.

vki/stu/Reuters/AP
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