Körpergefühl Warum man sich nicht selbst kitzeln kann

Selbst der kitzeligste Mensch kann eines nicht: sich selbst kitzelnd zum Lachen bringen. Warum das so ist, war lange unklar. Neurologen glauben nun, das Rätsel gelöst zu haben.

Ein britisch-kanadisches Forscherteam hat entdeckt, warum Menschen sich nicht selbst kitzeln können: Bei Berührungen mit der eigenen Hand berechnet das Gehirn den Zeitpunkt des Kontakts voraus und dämpft alle Nervensignale, die um diesen Zeitpunkt herum vom entsprechenden Körperteil ausgesendet werden.

Dadurch gelangen unwichtige Reize nur schwach oder gar nicht ins Bewusstsein. Das Gehirn kann sich so besser auf wichtige Signale aus der Umwelt konzentrieren, schreiben Paul Bays vom University College in London und seine Kollegen in der Fachzeitschrift "Current Biology" (Bd. 15, S. 1125).

Damit das Gehirn nicht von der Fülle der Informationen, die ständig auf unsere Sinne einströmen, überfordert wird, muss es eine strikte Prioritätenliste erstellen. Ganz oben auf dieser Liste stehen alle Reize, die von außen an den Körper herangetragen werden, wie optische und akustische Signale sowie Berührungen durch fremde Gegenstände. Berührungen mit der eigenen Hand oder auch einem anderen Körperteil rangieren dagegen auf der Prioritätenliste ganz unten, da solche Reize dem Gehirn keine neuen Informationen liefern.

Um zu untersuchen, wie das Gehirn solche Bewegungen aus der Informationsflut herausfiltert, baten die Forscher 30 Probanden, ihre linke Handfläche mit ihrem rechten Zeigefinger zu berühren - allerdings nicht direkt, sondern vermittelt durch einen computergesteuerten Hebel zwischen Finger und Handfläche, der die Berührung des Fingers simulierte. Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler den Kontaktzeitpunkt verzögern oder beschleunigen.

Während des Tests sollten die Teilnehmer angeben, ob die Berührung mit dem eigenen Finger stärker oder schwächer war als eine vorhergehende automatische Berührung mit dem Hebel.

Das Ergebnis: Immer dann, wenn der Hebel die Fingerbewegung ohne Verzögerung oder Beschleunigung auf die Handfläche übertrug, empfanden die Teilnehmer die Berührung als deutlich schwächer als die Kontrollberührung. Wich der Kontaktzeitpunkt dagegen vom erwarteten Zeitpunkt ab, erschienen ihnen Kontroll- und Testberührung gleich stark.

Es spielt also eine wichtige Rolle für die Empfindungsdämpfung, ob man den Zeitpunkt der Berührung vorhersagen kann, schließen die Forscher. Andere Faktoren wie die gezielte Bewegung des Fingers oder die Tatsache, dass der Körper die Berührung mit der eigenen Hand an zwei Körperstellen gleichzeitig wahrnimmt, seien dagegen eher weniger beteiligt.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren