Britische Studie Kontakt zur Natur hilft gegen Einsamkeit

Einsamkeit zählt zu den größten Gesundheitsgefahren. Sie erhöht das Sterberisiko um 45 Prozent, erklärt eine Studie britischer Psychologen – und liefert gleich das wirksamste Gegenmittel.
Zwei Frauen bauen vor dem Berliner Reichstagsgebäude einen Schneemann

Zwei Frauen bauen vor dem Berliner Reichstagsgebäude einen Schneemann

Foto: Political-Moments / IMAGO

Wer sich einsam fühlt, lebt ungesünder. Das empfundene Fehlen einer Verbindung zu anderen Menschen ist eines der stärksten Anzeichen für spätere Gesundheitsprobleme – Depressionen, Alkoholsucht, Demenz, aber auch Immun- oder Herzkreislauferkrankungen. Laut einer Studie, die am Montag in der Zeitschrift »Scientific Reports« erschien , erhöht Einsamkeit das Sterberisiko um 45 Prozent, mehr als Luftverschmutzung oder Übergewicht.

Das Autorenteam von Psychologen am Londoner King's College hat Faktoren erforscht, die zu diesem Gefühl beitragen oder dagegen helfen. Große Menschenmengen in Städten verstärken die empfundene Einsamkeit deutlich. Werden die Mitmenschen als wohlwollend wahrgenommen, sinkt sie hingegen. Noch mehr aber hilft Kontakt mit der Natur. Befragte, die Pflanzen, den Himmel, Wasser sehen oder Vögel hören konnten, fühlten sich 28 Prozent weniger einsam als die anderen Teilnehmer der Studie. Der »Guardian«  berichtete zuerst über die Ergebnisse.

Nach eigenen Angaben hat das Team vom King's College diese Wirkung erstmals in Echtzeit in einer großen Gruppe gemessen. Einsamkeit sei kein starrer Zustand, heißt es in dem Beitrag. Es gebe zwar Menschen, die sich generell einsamer fühlten als andere. Die sozialen und Umweltfaktoren beeinflussten das Gemüt jedoch in jedem Moment – und sie ließen sich auch ändern. Vor allem mehr Grünräume in dicht besiedelten Städten ließen sich als Schlussfolgerung empfehlen.

Ergebnisse unabhängig von Alter, Geschlecht oder sozialem Status

Die Forscher nutzten eine gemeinsam mit Landschaftsarchitekten und Künstlern entwickelte App namens Urban Mind , die dreimal täglich das persönliche Empfinden und den Zustand der Umgebung abfragt. Von 2175 Teilnehmern der Studie in England und Wales antworteten 397 so regelmäßig auf die Fragen der App, dass ihre Daten für die Studie ausgewertet werden konnten. Insgesamt wurde der Fragebogen mit Vorlagen wie »Ich fühle mich jetzt gerade einsam«, »Hast du das Gefühl, die Leute um dich wären bereit, dir zu helfen?«, »Kannst du jetzt gerade Bäume sehen?« oder »Fühlt es sich da, wo du gerade bist, überfüllt an?« mehr als 16.000-mal abgeschlossen.

Das war repräsentativ genug, um die Ergebnisse als statistisch gültig zu bestätigen, auch wenn sie auf Eigenschaften der Probanden wie Alter, Geschlecht, Bildungsstand oder Beschäftigung kontrolliert wurden. Dass die Teilnehmer sich von selbst meldeten, statt von den Forschern nach sozialen Kriterien ausgewählt zu werden, schmälert den Autoren zufolge die Aussagekraft der Studie kaum.

Aktuell wird Urban Mind für ein weiteres Projekt in Kooperation mit Forschern aus Norwegen und Spanien eingesetzt. Diesmal geht es darum, wie sich das Verhalten und das Wohlbefinden der Menschen durch die Coronapandemie ändert.

ak
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