Kultstätten Rätsel um Externsteine gelöst

Sind die Externsteine im Teutoburger Wald eine vorchristliche Kultstätte? Forscher haben die Feuerstellen in den Grotten jetzt präzise datiert - mit ernüchternden Ergebnissen für die Freunde der Kultstätten-Theorie.

Die Externsteine gehören zu den prächtigsten Naturdenkmälern Mitteleuropas. Seit Jahrzehnten bezeichnen manche die 40 Meter hohe Sandsteinformation auch als altes germanisches Heiligtum, das schon lange vor unserer Zeitrechnung als solches genutzt worden sein soll. Insbesondere unter denjenigen, die zur jährlichen Sonnenwendfeier in den Teutoburger Wald pilgern, ist diese Meinung weit verbreitet.

Forscher der Heidelberger Akademie der Wissenschaften wollten es genau wissen und führten eine anderthalb Jahre lange Untersuchung in den Grotten der Externsteine durch. Das Ergebnis: Alle Datierungen der Feuerstellen weisen auf das Mittelalter hin, sagte Clemens Woda von der Forschungsstelle Archäometrie in Lemgo - von einer Nutzung in vorchristlicher Zeit keine Spur.

Zwei der Feuerspuren in der Haupt- und Nebengrotte der Externsteine stammen demnach aus dem Spätmittelalter, um 1325 und 1425 nach Christus. Bei weitem älter waren die Brandspuren an der Decke der Kuppelgrotte, nämlich aus ottonischer Zeit um das Jahr 934 - plus oder minus 94 Jahre - sowie aus der Zeit der fränkisch-sächsischen Konflikte im achten Jahrhundert (nach 735 mit einer Abweichung von 180 Jahren). Damit sind sie, entgegen bisheriger Erkenntnisse, die ältesten Spuren von Feuer in den Grotten.

Kuppelgrotte überraschend alt

Bislang hätten zahlreiche Forscher die Entstehung des Grottensystems in die Zeit des frühen zwölften Jahrhunderts datiert, sagte Historiker Roland Linde von der Schutzgemeinschaft Externsteine, die die Untersuchung mitfinanziert hat. Dafür spreche eine Weih-Inschrift des Paderborner Bischofs Heinrich I. von 1115.

Die Kuppelgrotte sei den neuen Erkenntnissen zufolge jedoch wesentlich älter - "mindestens frühmittelalterlich", so die Wissenschaftler. Unklar ist nach Lindes Einschätzung, ob die Brandspuren nach dem Aushauen der Grotten oder bei Brandsprengungen entstanden sind. "Das älteste Feuer, das wir nachweisen, ist am nächsten an der Schaffung der Grotten", erklärte Günther Wagner, Leiter der Forschungsstelle. Damit wären die künstlichen Höhlen frühestens im Jahr 555 entstanden, wenn man die Abweichung von 180 Jahren bei der auf das Jahr 735 datierten Feuerstelle einrechnet.

Radioaktivität ermöglicht Altersbestimmung

Nach einer Untersuchung von 1990 schien es noch möglich, dass die Grotten schon Mitte des ersten Jahrtausends vor Christi Geburt geschaffen oder zumindest genutzt wurden. Diese ältere Untersuchung sorgte für "gewissen Dissens", sagte Kurt-Uwe Förster, Sprecher der Schutzgemeinschaft Externsteine. "Der Streit um die Externsteine, der seit 200 Jahren tobt, wurde weiter befeuert." Allerdings sei die damals benutzte Methode der Altersbestimmung noch nicht ausgereift gewesen.

Doch gänzlich ausschließen können die Wissenschaftler eine Nutzung der Felsgrotten in prähistorischer Zeit trotz aller Messungen noch immer nicht. Sie ermittelten das Alter der Brandspuren mit Hilfe der Methode der sogenannten Optisch Stimulierten Lumineszenz (OSL). Damit kann man den Zeitpunkt der letzten Erhitzung der Quarz- und Feldspatkörner im Sandstein ermitteln, sagte Woda - nicht aber den Zeitpunkt früherer Erhitzungen.

Das Verfahren beruht darauf, dass radioaktive Elemente im Gestein die Mineralkörner bestrahlen und sie verändern. Die Intensität der Veränderung erlaubt Rückschlüsse auf das Alter der Probe. Bei den Untersuchungen habe sich außerdem herausgestellt, dass normale Lagerfeuer, die noch in den 1960er Jahren regelmäßig in den Grotten loderten, ältere Brandspuren nicht überlagern konnten.

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