Kuriose Fastenbräuche Schokolade im Namen des Herrn

Betender Mönch: Fastenzeiten führten zu kuriosen Essensbräuchen
Foto: CorbisBis zu 130 Fastentage schrieb die Kirche den Gläubigen im Mittelalter vor: Die strengen Regeln verboten unter anderem das Fleisch warmblütiger Tiere, zudem Milch, Butter und Eier. Kein Wunder, dass die darbenden Christen sich verschiedene Schummeleien einfallen ließen, um dennoch satt zu werden.
"Die katholische Küche war schon immer eine sehr einfallsreiche", resümiert der Würzburger Religionswissenschaftler Guido Fuchs, der sich in seinem Buch "Gott und Gaumen" auch mit Fastenritualen beschäftigt.
Noch heute etwa gibt es in der Fastenzeit vielerorts ein spezielles Starkbier, mit dem sich findige Mönche einst über die Zeit der Entbehrung hinwegtrösteten - getreu der Regel "Flüssiges bricht Fasten nicht". Wo Alkohol explizit dem Fastengebot unterlag, mussten sich die Klosterbrüder etwas anderes einfallen lassen. So brauten einige Mönche angeblich ein Fastenbier, das sie zu Genehmigungszwecken zum Papst nach Rom transportieren ließen. Dort angekommen, war die Plörre so verdorben, dass der Pontifex befand: "Wenn sie so etwas trinken wollen, dann sollen sie es haben."
Mit einem ähnlichen Trick soll es auch die Schokolade auf den Speiseplan der Entsagungszeit gebracht haben. 1569 ließ Bruder Girolamo di San Vincenzo den damaligen Papst Pius V. Schokolade kosten. Das Kirchenoberhaupt war nicht begeistert - und gestatte den Verzehr des Süßkrams.
Die Maultasche - eine Tarnvorrichtung
Mitunter erleichterten päpstliche Zugeständnisse die Kreation delikater Fastenspeisen. So soll Papst Innozenz VIII. im 15. Jahrhundert die Verwendung von Butter gestattet haben - allerdings nicht ohne ein saftiges "Buttergeld" zu kassieren, das dem Kirchenbau zugutekam. Eine beliebte Fastenspeise wurde daraufhin der Striezel, der noch heute im Advent (der auch eine Fastenperiode war) als Stollen verzehrt wird.
Auch eine weitere Schummelei kommt noch heute auf den Tisch, vor allem im Schwäbischen: Der Legende nach bekamen die Zisterzienser des Klosters Maulbronn eines Tages ein Stück Fleisch geschenkt - leider in der Fastenzeit. Als echte Schwaben wollten sie die Köstlichkeit nicht verkommen lassen, hackten sie klein und mischten sie mit Kräutern. Die eher an Gemüse erinnernde Masse verpackten sie zu Tarnzwecken in Nudelteig - die Maultasche, auch "Herrgottsb'scheißerle" genannt, war geboren.
Das Verbot warmblütiger Tiere wurde mitunter durch taxonomische Spitzfindigkeiten umgangen. So soll etwa der Fuldaer Abt Hrabanus Maurus wie folgt argumentiert haben: Gott habe Fische und Vögel am selben Tag erschaffen - und zwar aus dem Wasser. Auch ein Hühnchen sei deswegen ein Geschöpf des Meeres und dürfe bedenkenlos verzehrt werden.
Der Biber wiederum, ein Warmblüter mit schuppigem Schwanz und Vorliebe für das Leben am und im Wasser, gemahnte viele hungrige Christen doch sehr an einen Fisch. In alten Klosterkochbüchern finden sich denn auch erstaunlich viele Biberrezepte; mancherorts waren die Tiere durch intensive Jagd fast ausgerottet. Auch Otter und Dachse gingen mitunter als Fische durch.
Wenn sich gar kein Bezug zum Wasser finden wollte, tat es manchmal auch die äußere Form: Rehfleisch, püriert und in Fischform angerichtet, gab eine legitime Fastenspeise ab.